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Schneeweißchen und Rosenrot

Schneeweißchen und Rosenrot-54 👂 📔 🎴

Die alte Mutter lebte noch lange Jahre ruhig und glücklich bei ihren Kindern. Die zwei Rosenbäumchen aber nahm sie mit und sie standen vor ihrem Fenster und trugen jedes Jahr die schönsten Rosen, weiß und rot.

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Schneeweißchen ward mit ihm vermählt und Rosenrot mit seinem Bruder und sie teilten die großen Schätze miteinander, die der Zwerg in seine Höhle zusammengetragen hatte.

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Da erkannten sie seine Stimme und blieben stehen und als der Bär bei ihnen war, fiel plötzlich die Bärenhaut ab und er stand da als ein schöner Mann und war ganz in Gold gekleidet. „Ich bin eines Königs Sohn,“ sprach er, „und war von dem gottlosen Zwerg, der mir meine Schätze gestohlen hatte, verwünscht als ein wilder Bär in dem Walde zu laufen, bis ich durch seinen Tod erlöst würde. Jetzt hat er seine wohlverdiente Strafe empfangen.“

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Der Bär kümmerte sich um seine Worte nicht, gab dem boshaften Geschöpf einen einzigen Schlag mit der Tatze und es regte sich nicht mehr. Die Mädchen waren fortgesprungen, aber der Bär rief ihnen nach „Schneeweißchen und Rosenrot, fürchtet euch nicht, wartet, ich will mit euch gehen.“

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Schenkt mir das Leben, was habt ihr an mir kleinen schmächtigen Kerl? Ihr spürt mich nicht zwischen den Zähnen. Da, die beiden gottlosen Mädchen packt, das sind für euch zarte Bissen, fett wie junge Wachteln, die fresst in Gottes Namen.“

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Erschrocken sprang der Zwerg auf, aber er konnte nicht mehr zu seinem Schlupfwinkel gelangen, der Bär war schon in seiner Nähe. Da rief er in Herzensangst „Lieber Herr Bär, verschont mich, ich will euch alle meine Schätze geben, sehet, die schönen Edelsteine, die da liegen.

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Er wollte mit seinen Scheltworten fortfahren, als sich ein lautes Brummen hören ließ und ein schwarzer Bär aus dem Walde herbeitrabte.

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Die Abendsonne schien über die glänzenden Steine, sie schimmerten und leuchteten so prächtig in allen Farben, dass die Kinder stehen blieben und sie betrachteten. „Was steht ihr da und gafft!“ schrie der Zwerg und sein aschgraues Gesicht ward zinnoberrot vor Zorn.

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Als sie beim Heimweg wieder auf die Heide kamen, überraschten sie den Zwerg, der auf einem reinlichen Plätzchen seinen Sack mit Edelsteinen ausgeschüttet und nicht gedacht hatte, dass so spät noch jemand daherkommen würde.

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Die Mädchen waren an seinen Undank schon gewöhnt, setzten ihren Weg fort und verrichteten ihr Geschäft in der Stadt.

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Als der Zwerg sich von dem ersten Schrecken erholt hatte, schrie er mit seiner kreischenden Stimme „Konntet ihr nicht säuberlicher mit mir umgehen? Gerissen habt ihr an meinem dünnen Röckchen, dass es überall zerfetzt und durchlöchert ist, unbeholfenes und täppisches Gesindel, das ihr seid!“ Dann nahm er einen Sack mit Edelsteinen und schlüpfte wieder unter den Felsen in seine Höhle.

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Sie liefen herzu und sahen mit Schrecken, dass der Adler ihren alten Bekannten, den Zwerg, gepackt hatte und ihn forttragen wollte. Die mitleidigen Kinder hielten gleich das Männchen fest und zerrten sich so lange mit dem Adler herum, bis er seine Beute fahren ließ.

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Da sahen sie einen großen Vogel in der Luft schweben, der langsam über ihnen kreiste, sich immer tiefer herabsenkte und endlich, nicht weit bei einem Felsen, niederstieß. Gleich darauf hörten sie einen durchdringenden, jämmerlichen Schrei.

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Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort und verschwand hinter einem Stein. Es trug sich zu, dass bald hernach die Mutter die beiden Mädchen nach der Stadt schickte, Zwirn, Nadeln, Schnüre und Bänder einzukaufen. Der Weg führte sie über eine Heide, auf der hier und da mächtige Felsenstücke zerstreut lagen.

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Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, „Ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schänden? Nicht genug, dass ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Teil davon ab. Ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Dass ihr laufen müsstet und die Schuhsohlen verloren hättet!“

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Es blieb nichts übrig als die Schere hervorzuholen und den Bart abzuschneiden, wobei ein kleiner Teil desselben verloren ging.

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Die Mädchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest ineinander verwirrt.

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Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er musste den Bewegungen des Fisches folgen und war in beständiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden.

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Der Kleine hatte dagesessen und geangelt und unglücklicherweise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten. Als gleich darauf ein großer Fisch anbiss, fehlten dem schwachen Geschöpf die Kräfte ihn herauszuziehen. Der Fisch behielt die Oberhand und riss den Zwerg zu sich hin.

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„Wo willst du hin?“ sagte Rosenrot, „Du willst doch nicht ins Wasser?“ „Solch ein Narr bin ich nicht,“ schrie der Zwerg, „seht ihr nicht, der verwünschte Fisch will mich hineinziehen?“

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Als sie nahe bei dem Bach waren, sahen sie, dass etwas wie eine große Heuschrecke auf das Wasser zu hüpfte, als wollte es hineinspringen. Sie liefen heran und erkannten den Zwerg.

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Damit schwang er seinen Sack auf den Rücken und ging fort ohne die Kinder nur noch einmal anzusehen. Einige Zeit danach wollten Schneeweißchen und Rosenrot ein Gericht Fische angeln.

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Sobald der Zwerg sich frei fühlte, griff er nach einem Sack, der zwischen den Wurzeln des Baums steckte und mit Gold gefüllt war, hob ihn heraus und brummte vor sich hin „Ungehobeltes Volk, schneidet mir ein Stück von meinem stolzen Barte ab! Soll euch der Kuckuck holen!“

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„Sei nur nicht ungeduldig,“ sagte Schneeweißchen, „ich will schon Rat schaffen,“ holte seine Schere aus der Tasche und schnitt das Ende des Bartes ab.

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Die Kinder gaben sich alle Mühe, aber sie konnten den Bart nicht herausziehen, er steckte zu fest. „Ich will laufen und Leute herbeiholen“ sagte Rosenrot. „Wahnsinnige Schafsköpfe,“ schnarrte der Zwerg, „wer wird gleich Leute herbeirufen, ihr seid mir schon um zwei zu viel, fällt euch nicht besseres ein?“

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Ich hatte den Keil schon glücklich hineingetrieben und es wäre alles nach Wunsch gegangen, aber das verwünschte Holz war zu glatt und sprang unversehens heraus und der Baum fuhr so geschwind zusammen, dass ich meinen schönen weißen Bart nicht mehr herausziehen konnte. Nun steckt er drin und ich kann nicht fort. Da lachen die albernen glatten Milchgesichter! Pfui, was seid ihr garstig!“

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„Dumme, neugierige Gans,“ antwortete der Zwerg, „den Baum habe ich mir spalten wollen, um kleines Holz in der Küche zu haben. Bei den dicken Klötzen verbrennt gleich das bisschen Speise, das unser einer braucht, der nicht so viel hinunterschlingt wie ihr, grobes, gieriges Volk.

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Er glotzte die Mädchen mit seinen roten feurigen Augen an und schrie „Was steht ihr da! Könnt ihr nicht herbeigehen und mir Beistand leisten?“ „Was hast du angefangen, kleines Männchen?“ fragte Rosenrot.

Schneeweißchen und Rosenrot-26 👂 📔 🎴

Als sie näher kamen, sahen sie einen Zwerg mit einem alten verwelkten Gesicht und einem ellenlangen schneeweißen Bart. Das Ende des Bartes war in eine Spalte des Baums eingeklemmt und der Kleine sprang hin und her wie ein Hündchen an einem Seil und wusste nicht wie er sich helfen sollte.

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Der Bär lief eilig fort und war bald hinter den Bäumen verschwunden. Nach einiger Zeit schickte die Mutter die Kinder in den Wald, Reisig zu sammeln. Da fanden sie draußen einen großen Baum, der lag gefällt auf dem Boden und an dem Stamme sprang zwischen dem Gras etwas auf und ab, sie konnten aber nicht unterscheiden was es war.

Schneeweißchen und Rosenrot-24 👂 📔 🎴

Schneeweißchen war ganz traurig über den Abschied und als es ihm die Türe aufriegelte und der Bär sich hinausdrängte, blieb er an dem Türhaken hängen und ein Stück seiner Haut riss auf und da war es Schneeweißchen, als hätte es Gold durchschimmern sehen, aber es war seiner Sache nicht gewiss.

Schneeweißchen und Rosenrot-23 👂 📔 🎴

„Ich muss in den Wald und meine Schätze vor den bösen Zwergen hüten. Im Winter, wenn die Erde hartgefroren ist, müssen sie wohl unten bleiben und können sich nicht durcharbeiten, aber jetzt, wenn die Sonne die Erde aufgetaut und erwärmt hat, da brechen sie durch, steigen herauf, suchen und stehlen. Was einmal in ihren Händen ist und in ihren Höhlen liegt, das kommt so leicht nicht wieder an des Tageslicht.“

Schneeweißchen und Rosenrot-22 👂 📔 🎴

Als das Frühjahr herangekommen und draußen alles grün war, sagte der Bär eines Morgens zu Schneeweißchen „Nun muss ich fort und darf den ganzen Sommer nicht wiederkommen.“ „Wo gehst du denn hin, lieber Bär?“ fragte Schneeweißchen.

Schneeweißchen und Rosenrot-21 👂 📔 🎴

Von nun an kam der Bär jeden Abend zu der bestimmten Stunde, legte sich an den Herd und erlaubte den Kindern Unfug mit ihm zu treiben, so viel sie wollten und sie waren so gewöhnt an ihn, dass die Tür nicht eher zugeriegelt ward, als bis der schwarze Gesell angelangt war.

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Als Schlafenszeit war und die andern zu Bett gingen, sagte die Mutter zu dem Bär „Du kannst am Herde liegen bleiben, so bist du vor der Kälte und dem bösen Wetter geschützt.“ Sobald der Tag graute, ließen ihn die beiden Kinder hinaus und er trabte über den Schnee in den Wald hinein.

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Der Bär ließ sichs aber gerne gefallen, nur wenn sies gar zu arg machten, rief er „Lasst mich am Leben, ihr Kinder."

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Nicht lange, so wurden sie ganz vertraut und trieben Mutwillen mit dem unbeholfenen Gast. Sie zausten ihm das Fell mit den Händen, setzten ihre Füßchen auf seinen Rücken und wälzten ihn hin und her oder sie nahmen eine Haselrute und schlugen auf ihn los und wenn er brummte, so lachten sie.

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Der Bär sprach „Ihr Kinder, klopft mir den Schnee ein wenig aus dem Pelzwerk,“ und sie holten den Besen und kehrten dem Bär das Fell rein. Er aber streckte sich ans Feuer und brummte ganz vergnügt und behaglich.

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Da kamen sie beide heran und nach und nach näherten sich auch das Lämmchen und Täubchen und hatten keine Furcht vor ihm.

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„Du armer Bär,“ sprach die Mutter, „leg dich ans Feuer und gib nur acht, dass dir dein Pelz nicht brennt.“ Dann rief sie „Schneeweißchen, Rosenrot, kommt hervor, der Bär tut euch nichts, er meints ehrlich.“

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Der Bär aber fing an zu sprechen und sagte „Fürchtet euch nicht, ich tue euch nichts zu leid, ich bin halb erfroren und will mich nur ein wenig bei euch wärmen.“

Schneeweißchen und Rosenrot-13 👂 📔 🎴

Rosenrot ging und schob den Riegel weg und dachte es wäre ein armer Mann, aber der war es nicht. Es war ein Bär, der seinen dicken schwarzen Kopf zur Türe hereinstreckte. Rosenrot schrie laut und sprang zurück, das Lämmchen blökte, das Täubchen flatterte auf und Schneeweißchen versteckte sich hinter dem Bett der Mutter.

Schneeweißchen und Rosenrot-12 👂 📔 🎴

Eines Abends, als sie so vertraulich beisammensaßen, klopfte jemand an die Tür, als wollte er hereingelassen werden. Die Mutter sprach „Geschwind, Rosenrot, mach auf, es wird ein Wanderer sein, der Obdach sucht.“

Schneeweißchen und Rosenrot-11 👂 📔 🎴

Abends, wenn die Flocken fielen, sagte die Mutter „Geh, Schneeweißchen und schieb den Riegel vor,“ und dann setzten sie sich an den Herd und die Mutter nahm die Brille und las aus einem großen Buch vor und die beiden Mädchen hörten zu, saßen und spannen. Neben ihnen lag ein Lämmchen auf dem Boden und hinter ihnen auf einer Stange saß ein weißes Täubchen und hatte seinen Kopf unter den Flügel gesteckt.

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Im Sommer besorgte Rosenrot das Haus und stellte der Mutter jeden Morgen, ehe sie aufwachte, einen Blumenstrauß vors Bett. Darin war von jedem Bäumchen eine Rose. Im Winter zündete Schneeweißchen das Feuer an und hing den Kessel an den Feuerhaken und der Kessel war von Messing, glänzte aber wie Gold, so rein war er gescheuert.

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Die Mutter aber sagte ihnen, das müsste der Engel gewesen sein, der gute Kinder bewache. Schneeweißchen und Rosenrot hielten das Hüttchen der Mutter so reinlich, dass es eine Freude war hineinzuschauen.

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Es stand auf und blickte sie ganz freundlich an, sprach aber nichts und ging in den Wald hinein. Und als sie sich umsahen, so hatten sie ganz nahe bei einem Abgrund geschlafen und wären gewiss hineingefallen, wenn sie in der Dunkelheit noch ein paar Schritte weitergegangen wären.

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Einmal, als sie im Walde übernachtet hatten und das Morgenrot sie aufweckte, da sahen sie ein schönes Kind in einem weißen glänzenden Kleidchen neben ihrem Lager sitzen.

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Kein Unfall traf sie. Wenn sie sich im Walde verspätet hatten und die Nacht sie überfiel, so legten sie sich nebeneinander auf das Moos und schliefen bis der Morgen kam und die Mutter wusste das und hatte ihretwegen keine Sorge.

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Oft liefen sie im Walde allein umher und sammelten rote Beeren, aber kein Tier tat ihnen etwas zu leid, sondern sie kamen vertraulich herbei. Das Häschen fraß ein Kohlblatt aus ihren Händen, das Reh graste an ihrer Seite, der Hirsch sprang ganz lustig vorbei und die Vögel blieben auf den Ästen sitzen und sangen was sie nur wussten.

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Die beiden Kinder hatten einander so lieb, dass sie sich immer an den Händen fassten, so oft sie zusammen ausgingen und wenn Schneeweißchen sagte „Wir wollen uns nicht verlassen,“ so antwortete Rosenrot „So lange wir leben nicht,“ und die Mutter setzte hinzu „Was das eine hat, solls mit dem andern teilen.“

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Rosenrot sprang lieber in den Wiesen und Feldern umher, suchte Blumen und fing Sommervögel. Schneeweißchen aber saß daheim bei der Mutter, half ihr im Hauswesen oder las ihr vor, wenn nichts zu tun war.

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Sie waren so fromm und gut, so fleißig und unverdrossen, als je zwei Kinder auf der Welt gewesen sind. Schneeweißchen war nur stiller und sanfter als Rosenrot.

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Eine arme Witwe, die lebte einsam in einem Hüttchen und vor dem Hüttchen war ein Garten, darin standen zwei Rosenbäumchen. Davon trug das eine weiße, das andere rote Rosen. Und sie hatte zwei Kinder, die glichen den beiden Rosenbäumchen, das eine hieß Schneeweißchen, das andere Rosenrot.

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Das Märchen von dem Fischer und seiner Frau

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-2 👂 📔 🎴

Es waren einmal ein Fischer und seine Frau, die wohnten zusammen in einer kleinen Fischerhütte, dicht an der See und der Fischer ging alle Tage hin und angelte: und angelte und angelte. So saß er auch einmal mit seiner Angel und sah immer in das klare Wasser hinein: und so saß er nun und saß.

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Da ging die Angel auf den Grund, tief hinunter und als er sie heraufholte, da holte er einen großen Butt heraus. Da sagte der Butt zu ihm: "Hör mal, Fischer, ich bitte dich, lass mich leben, ich bin kein richtiger Butt, ich bin ein verwunschener Prinz. Was hilft's dir denn, wenn du mich tötest? Ich würde dir doch nicht recht schmecken: Setz mich wieder ins Wasser und lass mich schwimmen."

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"Nun," sagte der Mann, "du brauchst nicht so viele Worte zu machen: einen Butt, der sprechen kann, werde ich doch wohl schwimmen lassen." Damit setzte er ihn wieder in das klare Wasser. Da ging der Butt auf Grund und ließ einen langen Streifen Blut hinter sich. Da stand der Fischer auf und ging zu seiner Frau in die kleine Hütte.

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"Mann," sagte die Frau, "hast du heute nichts gefangen?" - "Nein," sagte der Mann. "Ich fing einen Butt, der sagte, er wäre ein verwunschener Prinz, da hab ich ihn wieder schwimmen lassen." - "Hast du dir denn nichts gewünscht?" sagte die Frau. "Nein," sagte der Mann, "was sollte ich mir wünschen?" - "Ach," sagte die Frau, "das ist doch übel, immer hier in der Hütte zu wohnen: die stinkt und ist so eklig; du hättest uns doch ein kleines Häuschen wünschen können. Geh noch einmal hin und ruf ihn. Sag ihm, wir wollen ein kleines Häuschen haben, er tut das gewiss."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-6 👂 📔 🎴

- "Ach," sagte der Mann, "was soll ich da nochmal hingehen?" - "Ih," sagte die Frau, "du hattest ihn doch gefangen und hast ihn wieder schwimmen lassen - er tut das gewiss. Geh gleich hin!" Der Mann wollte noch nicht recht, wollte aber auch seiner Frau nicht zuwiderhandeln und ging hin an die See. Als er dorthin kam, war die See ganz grün und gelb und gar nicht mehr so klar.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-7 👂 📔 🎴

So stellte er sich hin und sagte: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will." Da kam der Butt angeschwommen und sagte: "Na, was will sie denn?" - "Ach," sagte der Mann, "ich hatte dich doch gefangen; nun sagt meine Frau, ich hätt mir doch was wünschen sollen. Sie mag nicht mehr in der Hütte wohnen, sie will gern ein Häuschen." - "Geh nur," sagte der Butt, "sie hat es schon."

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Da ging der Mann hin und seine Frau saß nicht mehr in der kleinen Hütte, denn an ihrer Stelle stand jetzt ein Häuschen und seine Frau saß vor der Türe auf einer Bank. Da nahm ihn seine Frau bei der Hand und sagte zu ihm: "Komm nur herein, sieh, nun ist doch das viel besser."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-9 👂 📔 🎴

Da gingen sie hinein und in dem Häuschen war ein kleiner Vorplatz und eine kleine reine Stube und Kammer, wo jedem sein Bett stand und Küche und Speisekammer, alles aufs beste mit Gerätschaften versehen und aufs schönste aufgestellt, Zinnzeug und Messing, was eben so dazugehört. Dahinter war auch ein kleiner Hof mit Hühnern und Enten und ein kleiner Garten mit Grünzeug und Obst. "Sieh," sagte die Frau, "ist das nicht nett?" - "Ja," sagte der Mann, "so soll es bleiben; nun wollen wir recht vergnügt leben." - "Das wollen wir uns bedenken," sagte die Frau.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-10 👂 📔 🎴

Dann aßen sie etwas und gingen zu Bett. So ging es wohl nun acht oder vierzehn Tage, da sagte die Frau: "Hör, Mann, das Häuschen ist auch gar zu eng und der Hof und der Garten ist so klein: der Butt hätt uns auch wohl ein größeres Haus schenken können. Ich möchte wohl in einem großen steinernen Schloss wohnen. Geh hin zum Butt, er soll uns ein Schloss schenken."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-11 👂 📔 🎴

- "Ach Frau," sagte der Mann, "das Häuschen ist ja gut genug, warum wollen wir in einem Schloss wohnen?" -"Ih was," sagte die Frau, "geh du man hin, der Butt kann das schon." - "Nein, Frau," sagte der Mann, "der Butt hat uns erst das Häuschen gegeben. Ich mag nun nicht schon wieder kommen, den Butt könnte das verdrießen." - "Geh doch," sagte die Frau, "er kann das recht gut und tut es auch gern; geh du nur hin."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-12 👂 📔 🎴

Dem Mann war sein Herz so schwer und er wollte nicht; er sagte zu sich selber: "Das ist nicht recht." Aber er ging doch hin. Als er an die See kam, war das Wasser ganz violett und dunkelblau und grau und dick und gar nicht mehr so grün und gelb, doch war es noch still.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-13 👂 📔 🎴

Da stellte er sich hin und sagte: " Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will. "Na, was will sie denn?" sagte der Butt. "Ach," sagte der Mann, halb betrübt, "sie will in einem großen steinernen Schloss wohnen." - "Geh nur hin, sie steht vor der Tür," sagte der Butt. Da ging der Mann hin und dachte, er wollte nach Hause gehen, als er aber dahin kam, da stand dort ein großer steinerner Palast und seine Frau stand oben auf der Treppe und wollte hineingehen: da nahm sie ihn bei der Hand und sagte: "Komm nur herein."

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Damit ging er mit ihr hinein und in dem Schloss war eine große Diele mit einem marmornen Estrich und da waren so viele Bediente, die rissen die großen Türen auf und die Wände waren alle blank und mit schönen Tapeten ausgestattet und in den Zimmern lauter goldene Stühle und Tische und kristallene Kronleuchter hingen von der Decke; alle Stuben und Kammern waren mit Fußdecken versehen.

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Auf den Tischen stand das Essen und der allerbeste Wein, dass sie fast brechen wollten. Und hinter dem Haus war auch ein großer Hof mit Pferde- und Kuhstall und Kutschwagen: alles vom allerbesten; auch war da ein großer herrlicher Garten mit den schönsten Blumen und feinen Obstbäumen und ein herrlicher Park, wohl eine halbe Meile lang, da waren Hirsche und Rehe drin und alles, was man nur immer wünschen mag.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-16 👂 📔 🎴

"Na," sagte die Frau, "ist das nun nicht schön?" - "Ach ja," sagte der Mann, "so soll es auch bleiben. Nun wollen wir auch in dem schönen Schloss wohnen und wollen zufrieden sein." - "Das wollen wir uns bedenken," sagte die Frau, "und wollen es beschlafen." Darauf gingen sie zu Bett. Am andern Morgen wachte die Frau als erste auf; es war gerade Tag geworden und sah von ihrem Bett aus das herrliche Land vor sich liegen. Der Mann reckte sich noch, da stieß sie ihn mit dem Ellbogen in die Seite und sagte: "Mann, steh auf und guck mal aus dem Fenster. Sieh, können wir nicht König werden über all das Land? Geh hin zum Butt, wir wollen König sein."

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- "Ach Frau," sagte der Mann, "warum wollen wir König sein?" - "Nun," sagte die Frau, "willst du nicht König sein, so will ich König sein. Geh hin zum Butt, ich will König sein." - "Ach Frau," sagte der Mann, "was willst du König sein? Das mag ich ihm nicht sagen." - "Warum nicht?" sagte die Frau, "geh stracks hin, ich muss König sein." Da ging der Mann hin und war ganz bedrückt, dass seine Frau König werden wollte.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-18 👂 📔 🎴

Das ist und ist nicht recht, dachte der Mann. Er wollte nicht hingehen, ging aber dann doch hin. Und als er an die See kam, war die See ganz schwarzgrau und das Wasser drängte so von unten herauf und stank auch ganz faul.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-19 👂 📔 🎴

Da stellte er sich hin und sagte: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will." "Na, was will sie denn?" sagte der Butt. "Ach," sagte der Mann, "sie will König werden." - "Geh nur hin, sie ist es schon," sagte der Butt. Da ging der Mann hin und als er zu dem Palast kam, war das Schloss viel größer geworden, mit einem großen Turm und herrlichem Zierat daran: und die Schildwache stand vor dem Tor und da waren so viele Soldaten und Pauken und Trompeten.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-20 👂 📔 🎴

Und als er in das Haus kam, so war alles von purem Marmor und Gold und sammtne Decken und große goldene Quasten. Da gingen die Türen von dem Saal auf, wo der ganze Hofstaat war und seine Frau saß auf einem hohen Tron von Gold und Diamanten und hatte eine große goldene Krone auf und das Zepter in der Hand von purem Gold und Edelstein. Und auf beiden Seiten von ihr standen sechs Jungfrauen in einer Reihe, immer eine einen Kopf kleiner als die andere.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-21 👂 📔 🎴

Da stellte er sich hin und sagte: "Ach Frau, bist du nun König?" - "Ja," sagte die Frau, "nun bin ich König." Da stand er nun und sah sie an; und als er sie eine Zeitlang so angesehen hatte, sagte er: "Ach Frau, was ist das schön, dass du nun König bist! Nun wollen wir uns auch nichts mehr wünschen." - "Nein, Mann," sagte die Frau und war ganz unruhig, "mir wird schon Zeit und Weile lang, ich kann das nicht mehr aushalten. Geh hin zum Butt: König bin ich, nun muss ich auch Kaiser werden." - "Ach Frau," sagte der Mann, "warum willst du Kaiser werden?"

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-22 👂 📔 🎴

- "Mann," sagte sie, "geh zum Butt, ich will Kaiser sein!" - "Ach Frau," sagte der Mann, "Kaiser kann er nicht machen, ich mag dem Butt das nicht zu sagen; Kaiser ist nur einmal im Reich: Kaiser kann der Butt nicht machen." - "Was," sagte die Frau, "ich bin König, und du bist doch mein Mann; willst du gleich hingehen? Gleich geh hin! - Kann er Könige machen, so kann er auch Kaiser machen; ich will und will Kaiser sein! Geh gleich hin!"

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-23 👂 📔 🎴

Da musste er hingehen. Als der Mann aber hinging, war ihm ganz bang; und als er so ging, dachte er bei sich: Das geht und geht nicht gut: Kaiser ist zu unverschämt, der Butt wird's am Ende leid. Inzwischen kam er an die See. Da war die See noch ganz schwarz und dick und fing an, so von unten heraufzuschäumen, dass sie Blasen warf; und es ging so ein Wirbelwind über die See hin, dass sie sich nur so drehte.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-24 👂 📔 🎴

Und den Mann ergriff ein Grauen. Da stand er nun und sagte: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will." "Na, was will sie denn?" sagte der Butt. "Ach, Butt," sagte er, "meine Frau will Kaiser werden." - "Geh nur hin," sagte der Butt, "sie ist es schon."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-25 👂 📔 🎴

Da ging der Mann hin und als er dort ankam, war das ganze Schloss von poliertem Marmor mit Figuren aus Alabaster und goldenen Zieraten. Vor der Tür marschierten die Soldaten und sie bliesen Trompeten und schlugen Pauken und Trommeln; aber in dem Hause, da gingen die Barone und Grafen und Herzöge herum und taten, als ob sie Diener wären. Die machten ihm die Türen auf, die von lauter Gold waren.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-26 👂 📔 🎴

Und als er hereinkam, da saß seine Frau auf einem Tron, der war von einem Stück Gold und war wohl zwei Meilen hoch; und sie hatte eine große goldene Krone auf, die war drei Ellen hoch und mit Brillanten und Karfunkelsteinen besetzt. In der einen Hand hatte sie das Zepter und in der andern den Reichsapfel und auf beiden Seiten neben ihr, da standen die Trabanten so in zwei Reihen, immer einer kleiner als der andere, von dem allergrößten Riesen, der war zwei Meilen hoch, bis zu dem allerwinzigsten Zwerg, der war so groß wie mein kleiner Finger.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-27 👂 📔 🎴

Und vor ihr standen viele Fürsten und Herzöge. Da trat nun der Mann zwischen sie und sagte: "Frau, bist du nun Kaiser?" - "Ja," sagte sie, "ich bin Kaiser." Da stellte er sich nun hin und besah sie sich recht und als er sie so eine Zeitlang angesehen hatte, da sagte er: "Ach, Frau, wie steht dir das schön, dass du Kaiser bist." - "Mann," sagte sie, "was stehst du da? Ich bin nun Kaiser, nun will ich auch Papst werden; geh hin zum Butt."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-28 👂 📔 🎴

- "Ach Frau," sagte der Mann, "was willst du denn nicht alles? Papst kannst du nicht werden, ihn gibt's nur einmal in der Christenheit: das kann er doch nicht machen!" - "Mann," sagte sie, "ich will Papst werden, geh gleich hin, ich muss heute noch Papst werden."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-29 👂 📔 🎴

- "Nein, Frau," sagte der Mann, "das mag ich ihm nicht sagen, das ist nicht gut, das ist zu viel verlangt, zum Papst kann dich der Butt nicht machen." - "Mann, schwatz kein dummes Zeug!" sagte die Frau. "Kann er Kaiser machen, so kann er auch einen Papst machen. Geh sofort hin; ich bin Kaiser und du bist doch mein Mann. Willst du wohl hingehen?"

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-30 👂 📔 🎴

Da wurde ihm ganz bang zumute und er ging hin, aber ihm war ganz flau dabei; er zitterte und bebte und die Knie und Waden schlotterten ihm. Und da strich so ein Wind über das Land und die Wolken flogen und es wurde so düster wie gegen den Abend zu: die Blätter wehten von den Bäumen und das Wasser ging hoch und brauste so, als ob es kochte und platschte an das Ufer und in der Ferne sah er die Schiffe, die gaben Notschüsse ab und tanzten und sprangen auf den Wogen.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-31 👂 📔 🎴

Doch war der Himmel in der Mitte noch ein bisschen blau, aber an den Seiten, da zog es so recht rot auf wie ein schweres Gewitter. Da ging er ganz verzagt hin und stand da in seiner Angst und sagte: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will." "Na, was will sie denn?" sagte der Butt. "Ach"; sagte der Mann, "sie will Papst werden." - "Geh nur hin, sie ist es schon," sagte der Butt.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-32 👂 📔 🎴

Da ging er hin und als er ankam, da war da eine große Kirche, von lauter Palästen umgeben. Da drängte er sich durch das Volk; inwendig war aber alles mit tausend und tausend Lichtern erleuchtet und seine Frau war ganz in Gold gekleidet und saß auf einem noch viel höheren Tron und hatte drei große goldene Kronen auf und um sie herum, da war so viel geistlicher Staat und zu beiden Seiten von ihr, da standen zwei Reihen Lichter, das größte so dick und so groß wie der allergrößte Turm, bis zu dem allerkleinsten Küchenlicht.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-33 👂 📔 🎴

Und all die Kaiser und Könige, die lagen vor ihr auf den Knien und küssten ihr den Pantoffel. "Frau," sagte der Mann und sah sie so recht an, "bist du nun Papst?" - "Ja," sagte sie, "ich bin Papst." Da ging er hin und sah sie recht an und da war ihm, als ob er in die helle Sonne sähe. Als er sie so eine zeitlang angesehen hatte, sagte er: "Ach Frau, wie gut steht dir das, dass du Papst bist!" Sie saß aber ganz steif wie ein Baum und rührte und regte sich nicht. Da sagte er: "Frau, nun sei zufrieden, dass du Papst bist, denn nun kannst du doch nichts mehr werden."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-34 👂 📔 🎴

- "Das will ich mir bedenken," sagte die Frau. Damit gingen sie beide zu Bett. Aber sie war nicht zufrieden und die Gier ließ sie nicht schlafen; sie dachte immer, was sie noch werden könnte. Der Mann schlief recht gut und fest, er hatte am Tag viel laufen müssen; die Frau aber konnte gar nicht einschlafen und warf sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere und dachte immer darüber nach, was sie wohl noch werden könnte und konnte sich doch auf nichts mehr besinnen.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-35 👂 📔 🎴

Indessen wollte die Sonne aufgehen und als sie das Morgenrot sah, setzte sie sich aufrecht im Bett hin und sah da hinein. Und als sie aus dem Fenster die Sonne so heraufkommen sah: Ha, dachte sie, kann ich nicht auch die Sonne und den Mond aufgehen lassen? - "Mann," sagte sie und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen; "wach auf, geh hin zum Butt, ich will werden wie der liebe Gott."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-36 👂 📔 🎴

Der Mann war noch ganz schlaftrunken, aber er erschrak so, dass er aus dem Bett fiel. Er meinte, er hätte sich verhört, rieb sich die Augen aus und sagte: "Ach Frau, was sagst du?" - "Mann," sagte sie, "wenn ich nicht die Sonne und den Mond kann aufgehen lassen, das kann ich nicht aushalten und ich habe keine ruhige Stunde mehr, dass ich sie nicht selbst kann aufgehen lassen."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-37 👂 📔 🎴

Dabei sah sie ihn ganz böse an, dass ihn ein Schauder überlief. "Gleich geh hin, ich will werden wie der liebe Gott." - "Ach Frau," sagte der Mann und fiel vor ihr auf die Knie, "das kann der Butt nicht. Kaiser und Papst kann er machen; - ich bitte dich, geh in dich und bleibe Papst."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-38 👂 📔 🎴

Da überkam sie die Bosheit, die Haare flogen ihr so wild um den Kopf und sie schrie: "Ich halte das nicht aus! Und ich halte das nicht länger aus! Willst du hingehen?!" Da zog er sich die Hose an und lief davon wie unsinnig. Draußen aber ging der Sturm und brauste, dass er kaum auf den Füßen stehen konnte.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-39 👂 📔 🎴

Die Häuser und die Bäume wurden umgeweht und die Berge bebten und die Felsenstücke rollten in die See und der Himmel war ganz pechschwarz und es donnerte und blitzte und die See ging in so hohen schwarzen Wogen wie Kirchtürme und Berge und hatten oben alle eine weiße Schaumkrone auf.

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-40 👂 📔 🎴

Da schrie er und konnte sein eigenes Wort nicht hören: "Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Mine Fru, de Ilsebill, Will nicht so, as ik wol will."

Vorlagen/Märchen der Brüder Grimm/Von dem Fischer und seiner Frau-41 👂 📔 🎴

"Na, was will sie denn?" sagte der Butt. "Ach," sagte er, "sie will werden wie der liebe Gott." - "Geh nur hin, sie sitzt schon wieder in der Fischerhütte." Da sitzen sie noch bis auf den heutigen Tag.

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Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Hans im Glück 👂 📔 🎴

Hans im Glück

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Hans im Glück 👂 📔 🎴

Hans im Glück

Hans im Glück-1 👂 📔 🎴

Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm „Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn."

Hans im Glück-2 👂 📔 🎴

Der Herr antwortete „Du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein,“ und gab ihm ein Stück Gold, das so groß wie Hansens Kopf war.

Hans im Glück-3 👂 📔 🎴

Hans zog sein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus. Wie er so dahinging und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem munteren Pferd vorbeitrabte.

Hans im Glück-4 👂 📔 🎴

„Ach,“ sprach Hans ganz laut, „was ist das Reiten ein schönes Ding! Da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinem Stein, spart die Schuh und kommt fort, er weiß nicht wie.“

Hans im Glück-5 👂 📔 🎴

Der Reiter, der das gehört hatte, hielt an und rief „Ei, Hans, warum läufst du auch zu Fuß?“ „Ich muss ja wohl,“ antwortete er, „da habe ich einen Klumpen heimzutragen. Es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht grad halten, auch drückt mirs auf die Schulter.“

Hans im Glück-6 👂 📔 🎴

"Weißt du was,“ sagte der Reiter, „wir wollen tauschen. Ich gebe dir mein Pferd und du gibst mir deinen Klumpen.“ „Von Herzen gern,“ sprach Hans, „aber ich sage euch, ihr müsst damit ganz schön schleppen.“

Hans im Glück-7 👂 📔 🎴

Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach „Wenns nun recht geschwind soll gehen, so musst du mit der Zunge schnalzen und 'hopp hopp' rufen.“

Hans im Glück-8 👂 📔 🎴

Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahinritt.

Hans im Glück-9 👂 📔 🎴

Über ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller gehen und fing an mit der Zunge zu schnalzen und 'hopp hopp' zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab und ehe sichs Hans versah, war er abgeworfen und lag in einem Graben, der die Äcker von der Landstraße trennte.

Hans im Glück-10 👂 📔 🎴

Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich hertrieb.

Hans im Glück-11 👂 📔 🎴

Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer „Es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal, wenn man auf so eine Mähre gerät wie diese, die stößt und einen herabwirft, dass man den Hals brechen kann, ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf.

Hans im Glück-12 👂 📔 🎴

Da lob ich mir eure Kuh, da kann einer mit Gemächlichkeit hinterhergehen und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiss. Was gäbe ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!“

Hans im Glück-13 👂 📔 🎴

„Nun,“ sprach der Bauer, „geschieht euch so ein großer Gefallen, so will ich euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen.“ Hans willigte mit tausend Freuden ein. Der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt eilig davon.

Hans im Glück-14 👂 📔 🎴

Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den glücklichen Handel. „Hab ich nur ein Stück Brot und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Käse dazu essen. Hab ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch.

Hans im Glück-15 👂 📔 🎴

Herz, was verlangst du mehr?“ Als er zu einem Wirtshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot, rein auf und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken.

Hans im Glück-16 👂 📔 🎴

Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze ward drückender, je näher der Mittag kam und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte.

Hans im Glück-17 👂 📔 🎴

Da ward es ihm ganz heiß, sodass ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. „Dem Ding ist zu helfen,“ dachte Hans, „jetzt will ich meine Kuh melken und mich an der Milch laben.“

Hans im Glück-18 👂 📔 🎴

Er band sie an einen dürren Baum und da er keinen Eimer hatte, so stellte er seine Ledermütze unter, aber wie er sich auch bemühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein.

Hans im Glück-19 👂 📔 🎴

Und weil er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, dass er zu Boden taumelte und eine Zeit lang sich gar nicht besinnen konnte wo er war.

Hans im Glück-20 👂 📔 🎴

Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. „Was sind das für Streiche!“ rief er und half dem guten Hans auf. Hans erzählte was vorgefallen war.

Hans im Glück-21 👂 📔 🎴

Der Metzger reichte ihm seine Flasche und sprach „Da trinkt einmal und erholt euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben, das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten.“

Hans im Glück-22 👂 📔 🎴

„Ei, ei,“ sprach Hans und strich sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht! Es ist freilich gut, wenn man so ein Tier abschlachten kann, was gibts für Fleisch! Aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte! Das schmeckt anders, dabei noch die Würste.“

Hans im Glück-23 👂 📔 🎴

„Hört, Hans,“ sprach da der Metzger, „euch zuliebe will ich tauschen und will euch das Schwein für die Kuh lassen.“

Hans im Glück-24 👂 📔 🎴

„Gott lohn euch eure Freundschaft“ sprach Hans, übergab ihm die Kuh, ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben.

Hans im Glück-25 👂 📔 🎴

Hans zog weiter und überdachte wie ihm doch alles nach Wunsch ginge, begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm.

Hans im Glück-26 👂 📔 🎴

Sie boten einander die Zeit und Hans fing an von seinem Glück zu erzählen und wie er immer so vorteilhaft getauscht hätte. Der Bursch erzählte ihm, dass er die Gans zu einem Kindtaufschmaus brächte.

Hans im Glück-27 👂 📔 🎴

„Hebt einmal,“ fuhr er fort und packte sie bei den Flügeln, „wie schwer sie ist, die ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muss sich das Fett von beiden Seiten abwischen.“

Hans im Glück-28 👂 📔 🎴

„Ja,“ sprach Hans und wog sie mit der einen Hand, „die hat ihr Gewicht, aber mein Schwein ist auch keine Sau.“ Indessen sah sich der Bursch nach allen Seiten ganz bedenklich um, schüttelte auch wohl mit dem Kopf.

Hans im Glück-29 👂 📔 🎴

„Hört,“ fing er darauf an, „mit eurem Schweine mags nicht ganz richtig sein. In dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen eins aus dem Stall gestohlen worden.

Hans im Glück-30 👂 📔 🎴

Ich fürchte, ich fürchte, ihr habts da in der Hand. Sie haben Leute ausgeschickt und es wäre ein schlimmer Handel, wenn sie euch mit dem Schwein erwischten. Das geringste ist, dass ihr ins finstere Loch gesteckt werdet.“

Hans im Glück-31 👂 📔 🎴

Dem guten Hans ward bang, „Ach herrje,“ sprach er, „helft mir aus der Not, ihr wisst hier herum besser Bescheid, nehmt mein Schwein da und lasst mir eure Gans.“ „Ich muss schon etwas aufs Spiel setzen,“ antwortete der Bursche, „aber ich will doch nicht Schuld sein, dass ihr ins Unglück geratet.“

Hans im Glück-32 👂 📔 🎴

Er nahm also das Seil in die Hand und trieb das Schwein schnell auf einen Seitenweg fort. Der gute Hans aber ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme der Heimat zu.

Hans im Glück-33 👂 📔 🎴

„Wenn ichs recht überlege,“ sprach er mit sich selbst, „habe ich noch Vorteil bei dem Tausch, erst den guten Braten, danach die Menge von Fett, die herausträufeln wird, das gibt Gänsefettbrot auf ein Vierteljahr und endlich die schönen weißen Federn, die lass ich mir in mein Kopfkissen stopfen und darauf will ich wohl ungewiegt einschlafen.

Hans im Glück-34 👂 📔 🎴

Was wird meine Mutter eine Freude haben!“ Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scherenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte und er sang dazu „Ich schleife die Schere und drehe geschwind und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind.“

Hans im Glück-35 👂 📔 🎴

Hans blieb stehen und sah ihm zu. Endlich redete er ihn an und sprach „Euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seid.“ „Ja,“ antwortete der Scherenschleifer, „das Handwerk hat einen güldenen Boden.

Hans im Glück-36 👂 📔 🎴

Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schöne Gans gekauft?“

Hans im Glück-37 👂 📔 🎴

„Die hab ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.“ „Und das Schwein?“ „Das hab ich für eine Kuh gekriegt.“ „Und die Kuh?“ „Die hab ich für ein Pferd bekommen.“

Hans im Glück-38 👂 📔 🎴

„Und das Pferd?“ „Dafür hab ich einen Klumpen Gold, so groß wie mein Kopf, gegeben.“ „Und das Gold?“ „Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst.“

Hans im Glück-39 👂 📔 🎴

„Ihr habt euch jederzeit zu helfen gewusst,“ sprach der Schleifer, „könnt ihrs nun so weit bringen, dass ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Glück gemacht.“

Hans im Glück-40 👂 📔 🎴

„Wie soll ich das anfangen?“ sprach Hans. „Ihr müsst ein Schleifer werden, wie ich. Dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben, wollt ihr das?“

Hans im Glück-41 👂 📔 🎴

„Wie könnt ihr noch fragen,“ antwortete Hans, „ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden. Habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen?“ reichte ihm die Gans hin und nahm den Wetzstein in Empfang.

Hans im Glück-42 👂 📔 🎴

„Nun,“ sprach der Schleifer und hob einen gewöhnlichen schweren Feldstein, der neben ihm lag, auf, „da habt ihr noch einen tüchtigen Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen lässt und ihr eure alten Nägel gerade klopfen könnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordentlich auf.“

Hans im Glück-43 👂 📔 🎴

Hans lud den Stein auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter, seine Augen leuchteten vor Freude, „Ich muss in einer Glückshaut geboren sein,“ rief er aus, „alles was ich wünsche trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.“

Hans im Glück-44 👂 📔 🎴

Indessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen war, begann er müde zu werden. Auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrat auf einmal in der Freude über die erhandelte Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weitergehen und musste jeden Augenblick Halt machen. Dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich.

Hans im Glück-45 👂 📔 🎴

Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte.

Hans im Glück-46 👂 📔 🎴

Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben. Damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens.

Hans im Glück-47 👂 📔 🎴

Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an und beide Steine plumpten hinab.

Hans im Glück-48 👂 📔 🎴

Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, dass er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute Art und ohne dass er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären.

Hans im Glück-49 👂 📔 🎴

„So glücklich wie ich,“ rief er aus, „gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“ Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Hänsel und Gretel 👂 📔 🎴

Hänsel und Gretel

Hänsel und Gretel-1 👂 📔 🎴

Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel.

Hänsel und Gretel-2 👂 📔 🎴

Er hatte wenig zu beißen und zu brechen und einmal, als große Teuerung ins Land kam, konnte er auch das täglich Brot nicht mehr schaffen.

Hänsel und Gretel-3 👂 📔 🎴

Wie er sich nun abends im Bette Gedanken machte und sich vor Sorgen herumwälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau: „Was soll aus uns werden? Wie können wir unsere armen Kinder ernähren, da wir für uns selbst nichts mehr haben?“

Hänsel und Gretel-4 👂 📔 🎴

„Weißt du was, Mann,“ antwortete die Frau, „wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist; da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus und wir sind sie los.“

Hänsel und Gretel-5 👂 📔 🎴

„Nein, Frau,“ sagte der Mann, „das tue ich nicht. Wie sollt ichs übers Herz bringen meine Kinder im Walde allein zu lassen, die wilden Tiere würden bald kommen und sie zerreißen.“

Hänsel und Gretel-6 👂 📔 🎴

„O du Narr,“ sagte sie, „dann müssen wir alle viere Hungers sterben, du kannst nur die Bretter für die Särge hobelen,“ und ließ ihm keine Ruhe bis er einwilligte.

Hänsel und Gretel-7 👂 📔 🎴

„Aber die armen Kinder dauern mich doch“ sagte der Mann. Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und hatten gehört was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte.

Hänsel und Gretel-8 👂 📔 🎴

Gretel weinte bittere Tränen und sprach zu Hänsel: „Nun ists um uns geschehen.“ „Still, Gretel,“ sprach Hänsel, „gräme dich nicht, ich will uns schon helfen.“ Und als die Alten eingeschlafen waren, stand er auf, zog sein Röcklein an, machte die Untertüre auf und schlich sich hinaus.

Hänsel und Gretel-9 👂 📔 🎴

Da schien der Mond ganz helle und die weißen Kieselsteine, die vor dem Haus lagen, glänzten wie lauter Batzen. Hänsel bückte sich und steckte so viel in sein Rocktäschlein, als nur hinein wollten.

Hänsel und Gretel-10 👂 📔 🎴

Dann ging er wieder zurück, sprach zu Gretel: „Sei getrost, liebes Schwesterchen und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen,“ und legte sich wieder in sein Bett.

Hänsel und Gretel-11 👂 📔 🎴

Als der Tag anbrach, noch ehe die Sonne aufgegangen war, kam schon die Frau und weckte die beiden Kinder: „Steht auf, ihr Faulenzer, wir wollen in den Wald gehen und Holz holen.“

Hänsel und Gretel-12 👂 📔 🎴

Dann gab sie jedem ein Stückchen Brot und sprach: „Da habt ihr etwas für den Mittag, aber essts nicht vorher auf, weiter kriegt ihr nichts.“ Gretel nahm das Brot unter die Schürze, weil Hänsel die Steine in der Tasche hatte.

Hänsel und Gretel-13 👂 📔 🎴

Danach machten sie sich alle zusammen auf den Weg nach dem Wald. Als sie ein Weilchen gegangen waren, stand Hänsel still und guckte nach dem Haus zurück und tat das wieder und immer wieder.

Hänsel und Gretel-14 👂 📔 🎴

Der Vater sprach: „Hänsel, was guckst du da und bleibst zurück, hab Acht und vergiss deine Beine nicht.“ „Ach, Vater,“ sagte Hänsel, „ich sehe nach meinem weißen Kätzchen, das sitzt oben auf dem Dach und will mir Ade sagen.“

Hänsel und Gretel-15 👂 📔 🎴

Die Frau sprach: „Narr, das ist dein Kätzchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein scheint.“ Hänsel aber hatte nicht nach dem Kätzchen gesehen, sondern immer einen von den blanken Kieselsteinen aus seiner Tasche auf den Weg geworfen.

Hänsel und Gretel-16 👂 📔 🎴

Als sie mitten in den Wald gekommen waren, sprach der Vater: „Nun sammelt Holz, ihr Kinder, ich will ein Feuer anmachen, damit ihr nicht friert.“ Hänsel und Gretel trugen Reisig zusammen, einen kleinen Berg hoch.

Hänsel und Gretel-17 👂 📔 🎴

Das Reisig ward angezündet und als die Flamme recht hoch brannte, sagte die Frau: „Nun legt euch ans Feuer, ihr Kinder und ruht euch aus, wir gehen in den Wald und hauen Holz. Wenn wir fertig sind, kommen wir wieder und holen euch ab.“

Hänsel und Gretel-18 👂 📔 🎴

Hänsel und Gretel saßen am Feuer und als der Mittag kam, aß jedes sein Stücklein Brot. Und weil sie die Schläge der Holzaxt hörten, so glaubten sie ihr Vater wäre in der Nähe. Es war aber nicht die Holzaxt, es war ein Ast, den er an einen dürren Baum gebunden hatte und den der Wind hin- und herschlug.

Hänsel und Gretel-19 👂 📔 🎴

Und als sie so lange gesessen hatten, fielen ihnen die Augen vor Müdigkeit zu und sie schliefen fest ein. Als sie endlich erwachten, war es schon finstere Nacht.

Hänsel und Gretel-20 👂 📔 🎴

Gretel fing an zu weinen und sprach: „Wie sollen wir nun aus dem Wald kommen!“. Hänsel aber tröstete sie: „Wart nur ein Weilchen, bis der Mond aufgegangen ist, dann wollen wir den Weg schon finden.“

Hänsel und Gretel-21 👂 📔 🎴

Und als der volle Mond aufgestiegen war, so nahm Hänsel sein Schwesterchen an der Hand und ging den Kieselsteinen nach, die schimmerten wie neu geschlagene Batzen und zeigten ihnen den Weg.

Hänsel und Gretel-22 👂 📔 🎴

Sie gingen die ganze Nacht hindurch und kamen bei anbrechendem Tag wieder zu ihres Vaters Haus. Sie klopften an die Tür und als die Frau aufmachte und sah, dass es Hänsel und Gretel war, sprach sie: „Ihr bösen Kinder, was habt ihr so lange im Walde geschlafen, wir haben geglaubt ihr wolltet gar nicht wiederkommen.“

Hänsel und Gretel-23 👂 📔 🎴

Der Vater aber freute sich, denn es war ihm zu Herzen gegangen, dass er sie so allein zurückgelassen hatte. Nicht lange danach war wieder Not in allen Ecken und die Kinder hörten wie die Mutter nachts im Bette zu dem Vater sprach: „Alles ist wieder aufgezehrt, wir haben noch einen halben Laib Brot, hernach hat das Lied ein Ende.

Hänsel und Gretel-24 👂 📔 🎴

Die Kinder müssen fort, wir wollen sie tiefer in den Wald hineinführen, damit sie den Weg nicht wieder herausfinden; es ist sonst keine Rettung für uns.“ Dem Mann fiels schwer aufs Herz und er dachte: „Es wäre besser, dass du den letzten Bissen mit deinen Kindern teiltest.“

Hänsel und Gretel-25 👂 📔 🎴

Aber die Frau hörte auf nichts, was er sagte, schalt ihn und machte ihm Vorwürfe. Wer A sagt muss auch B sagen und weil er das erste Mal nachgegeben hatte, so musste er es auch zum zweiten Mal. Die Kinder waren aber noch wach gewesen und hatten das Gespräch mit angehört.

Hänsel und Gretel-26 👂 📔 🎴

Als die Alten schliefen, stand Hänsel wieder auf, wollte hinaus und Kieselsteine auflesen, wie das vorige Mal, aber die Frau hatte die Tür verschlossen und Hänsel konnte nicht heraus. Aber er tröstete sein Schwesterchen und sprach: „Weine nicht, Gretel und schlaf nur ruhig, der liebe Gott wird uns schon helfen.“

Hänsel und Gretel-27 👂 📔 🎴

Am frühen Morgen kam die Frau und holte die Kinder aus dem Bette. Sie erhielten ihr Stückchen Brot, das war aber noch kleiner als das vorige Mal.

Hänsel und Gretel-28 👂 📔 🎴

Auf dem Wege nach dem Wald bröckelte es Hänsel in der Tasche, stand oft still und warf ein Bröcklein auf die Erde. „Hänsel, was stehst du und guckst dich um,“ sagte der Vater, „geh deiner Wege.“ „Ich sehe nach meinem Täubchen, das sitzt auf dem Dache und will mir Ade sagen,“ antwortete Hänsel.

Hänsel und Gretel-29 👂 📔 🎴

„Narr,“ sagte die Frau, „das ist dein Täubchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein oben scheint.“ Hänsel aber warf nach und nach alle Bröcklein auf den Weg. Die Frau führte die Kinder noch tiefer in den Wald, wo sie ihr Lebtag noch nicht gewesen waren.

Hänsel und Gretel-30 👂 📔 🎴

Da ward wieder ein großes Feuer angemacht und die Mutter sagte: „Bleibt nur da sitzen, ihr Kinder und wenn ihr müde seid, könnt ihr ein wenig schlafen. Wir gehen in den Wald und hauen Holz und abends, wenn wir fertig sind, kommen wir und holen euch ab.“

Hänsel und Gretel-31 👂 📔 🎴

Als es Mittag war, teilte Gretel ihr Brot mit Hänsel, der sein Stück auf den Weg gestreut hatte. Dann schliefen sie ein und der Abend verging, aber niemand kam zu den armen Kindern. Sie erwachten erst in der finstern Nacht und Hänsel tröstete sein Schwesterchen und sagte: „Wart nur, Gretel, bis der Mond aufgeht, dann werden wir die Brotbröcklein sehen, die ich ausgestreut habe, die zeigen uns den Weg nach Haus.“

Hänsel und Gretel-32 👂 📔 🎴

Als der Mond kam, machten sie sich auf, aber sie fanden kein Bröcklein mehr, denn die viel tausend Vögel, die im Walde und im Felde umherfliegen, die hatten sie weggepickt.

Hänsel und Gretel-33 👂 📔 🎴

Hänsel sagte zu Gretel: „Wir werden den Weg schon finden,“ aber sie fanden ihn nicht. Sie gingen die ganze Nacht und noch einen Tag von Morgen bis Abend, aber sie kamen aus dem Wald nicht heraus und waren so hungrig, denn sie hatten nichts als die paar Beeren, die auf der Erde standen.

Hänsel und Gretel-34 👂 📔 🎴

Und weil sie so müde waren, dass die Beine sie nicht mehr tragen wollten, so legten sie sich unter einen Baum und schliefen ein.

Hänsel und Gretel-35 👂 📔 🎴

Nun wars schon der dritte Morgen, dass sie ihres Vaters Haus verlassen hatten. Sie fingen wieder an zu gehen, aber sie gerieten immer tiefer in den Wald und wenn nicht bald Hilfe kam, so mussten sie verschmachten.

Hänsel und Gretel-36 👂 📔 🎴

Als es Mittag war, sahen sie ein schönes schneeweißes Vöglein auf einem Ast sitzen, das sang so schön, dass sie stehen blieben und ihm zuhörten.

Hänsel und Gretel-37 👂 📔 🎴

Und als es fertig war, schwang es seine Flügel und flog vor ihnen her und sie gingen ihm nach, bis sie zu einem Häuschen gelangten, auf dessen Dach es sich setzte und als sie ganz nah herankamen, so sahen sie, dass das Häuslein aus Brot gebaut war und mit Kuchen gedeckt, aber die Fenster waren von hellem Zucker.

Hänsel und Gretel-38 👂 📔 🎴

„Da wollen wir uns dranmachen,“ sprach Hänsel, „und eine gesegnete Mahlzeit halten. Ich will ein Stück vom Dach essen, Gretel, du kannst vom Fenster essen, das schmeckt süß.“

Hänsel und Gretel-39 👂 📔 🎴

Hänsel reichte in die Höhe und brach sich ein wenig vom Dach ab, um zu versuchen wie es schmeckte und Gretel stellte sich an die Scheiben und knusperte daran. Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus: „Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“

Hänsel und Gretel-40 👂 📔 🎴

Die Kinder antworteten: „Der Wind, der Wind, das himmlische Kind,“ und aßen weiter, ohne sich irre machen zu lassen. Hänsel, dem das Dach sehr gut schmeckte, riss sich ein großes Stück davon herunter und Gretel stieß eine ganze runde Fensterscheibe heraus, setzte sich nieder und tat sich wohl damit.

Hänsel und Gretel-41 👂 📔 🎴

Da ging auf einmal die Türe auf und eine steinalte Frau, die sich auf eine Krücke stützte, kam herausgeschlichen. Hänsel und Gretel erschraken so gewaltig, dass sie fallen ließen was sie in den Händen hielten.

Hänsel und Gretel-42 👂 📔 🎴

Die Alte aber wackelte mit dem Kopfe und sprach: „Ei, ihr lieben Kinder, wer hat euch hierhergebracht? Kommt nur herein und bleibt bei mir, es geschieht euch kein Leid.“ Sie fasste beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen.

Hänsel und Gretel-43 👂 📔 🎴

Da ward gutes Essen aufgetragen, Milch und Pfannekuchen mit Zucker, Äpfel und Nüsse. Hernach wurden zwei schöne Bettlein weiß gedeckt und Hänsel und Gretel legten sich hinein und meinten sie wären im Himmel.

Hänsel und Gretel-44 👂 📔 🎴

Die Alte hatte sich nur so freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken. Wenn eins in ihre Gewalt kam, so machte sie es tot, kochte es und aß es und das war ihr ein Festtag.

Hänsel und Gretel-45 👂 📔 🎴

Die Hexen haben rote Augen und können nicht weit sehen, aber sie haben eine feine Witterung, wie die Tiere und merkens, wenn Menschen herankommen. Als Hänsel und Gretel in ihre Nähe kamen, da lachte sie boshaft und sprach höhnisch: „Die habe ich, die sollen mir nicht wieder entwischen.“

Hänsel und Gretel-46 👂 📔 🎴

Frühmorgens, ehe die Kinder erwacht waren, stand sie schon auf und als sie beide so lieblich ruhen sah, mit den vollen roten Backen, so murmelte sie vor sich hin: „Das wird ein guter Bissen werden.“

Hänsel und Gretel-47 👂 📔 🎴

Da packte sie Hänsel mit ihrer dürren Hand und trug ihn in einen kleinen Stall und sperrte ihn mit einer Gittertüre ein. Er mochte schreien wie er wollte, es half ihm nichts. Dann ging sie zur Gretel, rüttelte sie wach und rief: „Steh auf, Faulenzerin, trag Wasser und koch deinem Bruder etwas Gutes, der sitzt draußen im Stall und soll fett werden. Wenn er fett ist, so will ich ihn essen.“

Hänsel und Gretel-48 👂 📔 🎴

Gretel fing an bitterlich zu weinen, aber es war alles vergeblich, sie musste tun was die böse Hexe verlangte. Nun ward dem armen Hänsel das beste Essen gekocht, aber Gretel bekam nichts als Krebsschalen.

Hänsel und Gretel-49 👂 📔 🎴

Jeden Morgen schlich die Alte zu dem Ställchen und rief: „Hänsel, streck deine Finger heraus, damit ich fühle ob du bald fett bist.“

Hänsel und Gretel-50 👂 📔 🎴

Hänsel streckte ihr aber ein Knöchlein heraus und die Alte, die trübe Augen hatte, konnte es nicht sehen und meinte es wären Hänsels Finger und verwunderte sich, dass er gar nicht fett werden wollte.

Hänsel und Gretel-51 👂 📔 🎴

Als vier Wochen herum waren und Hänsel immer mager blieb, da übernahm sie die Ungeduld und sie wollte nicht länger warten.

Hänsel und Gretel-52 👂 📔 🎴

„Heda, Gretel,“ rief sie dem Mädchen zu, „sei flink und trag Wasser. Hänsel mag fett oder mager sein, morgen will ich ihn schlachten und kochen.“ Ach, wie jammerte das arme Schwesterchen, als es das Wasser tragen musste und wie flossen ihm die Tränen über die Backen herunter!

Hänsel und Gretel-53 👂 📔 🎴

„Lieber Gott, hilf uns doch,“ rief sie aus, „hätten uns nur die wilden Tiere im Wald gefressen, so wären wir doch zusammen gestorben.“ „Spar nur dein Geplärre,“ sagte die Alte, „es hilft dir alles nichts.“

Hänsel und Gretel-54 👂 📔 🎴

Frühmorgens musste Gretel heraus, den Kessel mit Wasser aufhängen und Feuer anzünden. „Erst wollen wir backen“ sagte die Alte, „ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknetet.“

Hänsel und Gretel-55 👂 📔 🎴

Sie stieß das arme Gretel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon herausschlugen. „Kriech hinein,“ sagte die Hexe, „und sieh zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschieben können.“

Hänsel und Gretel-56 👂 📔 🎴

Und wenn Gretel darin war, wollte sie den Ofen zumachen und Gretel sollte darin braten und dann wollte sies auch aufessen.

Hänsel und Gretel-57 👂 📔 🎴

Aber Gretel merkte was sie im Sinn hatte und sprach: „Ich weiß nicht wie ichs machen soll, wie komm ich da hinein?“ „Dumme Gans,“ sagte die Alte, „die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,“ krabbelte heran und steckte den Kopf in den Backofen.

Hänsel und Gretel-58 👂 📔 🎴

Da gab ihr Gretel einen Stoß, dass sie weit hineinfuhr, machte die eiserne Tür zu und schob den Riegel vor. Hu! Da fing sie an zu heulen, ganz grauselich, aber Gretel lief fort und die gottlose Hexe musste elendiglich verbrennen.

Hänsel und Gretel-59 👂 📔 🎴

Gretel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen und rief: „Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist tot.“ Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, wenn ihm die Türe aufgemacht wird.

Hänsel und Gretel-60 👂 📔 🎴

Wie haben sie sich gefreut, sind sich um den Hals gefallen, sind herumgesprungen und haben sich geküsst! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, so gingen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen.

Hänsel und Gretel-61 👂 📔 🎴

„Die sind noch besser als Kieselsteine“ sagte Hänsel und steckte in seine Taschen was hinein wollte und Gretel sagte: „Ich will auch etwas mit nach Haus bringen“ und füllte sich sein Schürzchen voll.

Hänsel und Gretel-62 👂 📔 🎴

„Aber jetzt wollen wir fort,“ sagte Hänsel, „damit wir aus dem Hexenwald herauskommen.“ Als sie aber ein paar Stunden gegangen waren, gelangten sie an ein großes Wasser. „Wir können nicht hinüber,“ sprach Hänsel, „ich sehe keinen Steg und keine Brücke.“

Hänsel und Gretel-63 👂 📔 🎴

„Hier fährt auch kein Schiffchen,“ antwortete Gretel, „aber da schwimmt eine weiße Ente, wenn ich die bitte, so hilft sie uns hinüber.“ Da rief sie: „Entchen, Entchen, da steht Gretel und Hänsel. Kein Steg und keine Brücke, nimm uns auf deinen weißen Rücken.“

Hänsel und Gretel-64 👂 📔 🎴

Das Entchen kam auch heran und Hänsel setzte sich auf und bat sein Schwesterchen sich zu ihm zu setzen. „Nein,“ antwortete Gretel, „es wird dem Entchen zu schwer, es soll uns nacheinander hinüberbringen.“

Hänsel und Gretel-65 👂 📔 🎴

Das tat das gute Tierchen und als sie glücklich drüben waren und ein Weilchen fortgingen, da kam ihnen der Wald immer bekannter und immer bekannter vor und endlich erblickten sie von weitem ihres Vaters Haus.

Hänsel und Gretel-66 👂 📔 🎴

Da fingen sie an zu laufen, stürzten in die Stube hinein und fielen ihrem Vater um den Hals. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, seitdem er die Kinder im Walde gelassen hatte, die Frau aber war gestorben.

Hänsel und Gretel-67 👂 📔 🎴

Gretel schüttete sein Schürzchen aus, dass die Perlen und Edelsteine in der Stube herumsprangen und Hänsel warf eine handvoll nach der andern aus seiner Tasche dazu.

Hänsel und Gretel-68 👂 📔 🎴

Da hatten alle Sorgen ein Ende und sie lebten in lauter Freude zusammen. Mein Märchen ist aus, dort lauft eine Maus, wer sie fängt, darf sich eine große große Pelzkappe daraus machen.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Aschenputtel 👂 📔 🎴

Aschenputtel

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Aschenputtel 👂 📔 🎴

Aschenputtel

Aschenputtel-63 👂 📔 🎴

da pickten die Tauben einer jeden das eine Auge aus. Hernach als sie herausgingen, war die älteste zur linken und die jüngste zur rechten: da pickten die Tauben einer jeden das andere Auge aus. Und waren sie also für ihre Bosheit und Falschheit mit Blindheit auf ihr Lebtag gestraft.

Aschenputtel-62 👂 📔 🎴

Als die Hochzeit mit dem Königssohn sollte gehalten werden, kamen die falschen Schwestern, wollten sich einschmeicheln und Teil an seinem Glück nehmen. Als die Brautleute nun zur Kirche gingen, war die älteste zur rechten, die jüngste zur linken Seite:

Aschenputtel-61 👂 📔 🎴

Und als sie das gerufen hatten, kamen sie beide herabgeflogen und setzten sich dem Aschenputtel auf die Schultern, eine rechts, die andere links und blieben da sitzen.

Aschenputtel-60 👂 📔 🎴

Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, riefen die zwei weißen Täubchen „rucke di guck, rucke di guck, kein Blut im Schuck: der Schuck ist nicht zu klein, die rechte Braut, die führt er heim.“

Aschenputtel-59 👂 📔 🎴

Die Stiefmutter und die beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Ärger. Er aber nahm Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihm fort.

Aschenputtel-58 👂 📔 🎴

Dann setzte es sich auf einen Schemel, zog den Fuß aus dem schweren Holzschuh und steckte ihn in den Pantoffel, der war wie angegossen. Und als es sich in die Höhe richtete und der König ihm ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt hatte und rief „das ist die rechte Braut!“

Aschenputtel-57 👂 📔 🎴

Er wollte es aber durchaus haben und Aschenputtel musste gerufen werden. Da wusch es sich erst Hände und Angesicht rein, ging dann hin und neigte sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen Schuh reichte.

Aschenputtel-56 👂 📔 🎴

Der Königssohn sprach er sollte es heraufschicken, die Mutter aber antwortete „ach nein, das ist viel zu schmutzig, das darf sich nicht sehen lassen.“

Aschenputtel-55 👂 📔 🎴

„Das ist auch nicht die rechte,“ sprach er, „habt ihr keine andere Tochter?“ „Nein,“ sagte der Mann, „nur von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines verbuttetes Aschenputtel da, das kann unmöglich die Braut sein.“

Aschenputtel-54 👂 📔 🎴

Er blickte nieder auf ihren Fuß und sah wie das Blut aus dem Schuh quoll und an den weißen Strümpfen ganz rot heraufgestiegen war. Da wendete er sein Pferd und brachte die falsche Braut wieder nach Haus.

Aschenputtel-53 👂 📔 🎴

Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, saßen die zwei Täubchen darauf und riefen „rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck: der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“

Aschenputtel-52 👂 📔 🎴

Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort.

Aschenputtel-51 👂 📔 🎴

Da ging diese in die Kammer und kam mit den Zehen glücklich in den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach „hau ein Stück von der Ferse ab: wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“

Aschenputtel-50 👂 📔 🎴

Da blickte er auf ihren Fuß und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen.

Aschenputtel-49 👂 📔 🎴

Sie mussten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen „rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck: Der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“

Aschenputtel-48 👂 📔 🎴

Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort.

Aschenputtel-47 👂 📔 🎴

Die Älteste ging mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach „hau die Zehe ab: wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“

Aschenputtel-46 👂 📔 🎴

Am nächsten Morgen ging er damit zu dem Mann und sagte zu ihm „keine andere soll meine Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh passt.“ Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße.

Aschenputtel-45 👂 📔 🎴

Der Königssohn hatte aber eine List gebraucht und hatte die ganze Treppe mit Pech bestreichen lassen. Da war, als es hinabsprang, der linke Pantoffel des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob ihn auf und er war klein und zierlich und ganz golden.

Aschenputtel-44 👂 📔 🎴

Als es nun Abend war, wollte Aschenputtel fort und der Königssohn wollte es begleiten, aber es entsprang ihm so geschwind dass er nicht folgen konnte.

Aschenputtel-43 👂 📔 🎴

Als es in dem Kleid zu der Hochzeit kam, wussten sie alle nicht was sie vor Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte ganz allein mit ihm und wenn es einer aufforderte, sprach er „das ist meine Tänzerin.“

Aschenputtel-42 👂 📔 🎴

Nun warf ihm der Vogel ein Kleid herab, das war so prächtig und glänzend wie es noch keins gehabt hatte und die Pantoffeln waren ganz golden.

Aschenputtel-41 👂 📔 🎴

Am dritten Tag, als die Eltern und Schwestern fort waren, ging Aschenputtel wieder zu seiner Mutter Grab und sprach zu dem Bäumchen „Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich.“

Aschenputtel-40 👂 📔 🎴

Er wartete aber bis der Vater kam und sprach zu ihm „das fremde Mädchen ist mir entwischt und ich glaube es ist auf den Birnbaum gesprungen.“ Der Vater dachte „sollte es Aschenputtel sein,“ ließ sich die Axt holen und hieb den Baum um, aber es war niemand darauf. Und als sie in die Küche kamen, lag Aschenputtel da in der Asche, wie sonst auch, denn es war auf der andern Seite vom Baum herabgesprungen, hatte dem Vogel auf dem Haselbäumchen die schönen Kleider wieder gebracht und sein graues Kittelchen angezogen.

Aschenputtel-39 👂 📔 🎴

Darin stand ein schöner großer Baum an dem die herrlichsten Birnen hingen, es kletterte so behend wie ein Eichhörnchen zwischen die Äste und der Königssohn wusste nicht wo es hingekommen war.

Aschenputtel-38 👂 📔 🎴

Wenn die andern kamen und es aufforderten, sprach er „das ist meine Tänzerin.“ Als es nun Abend war, wollte es fort und der Königssohn ging ihm nach und wollte sehen in welches Haus es ging, aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus.

Aschenputtel-37 👂 📔 🎴

Und als es mit diesem Kleide auf der Hochzeit erschien, erstaunte jedermann über seine Schönheit. Der Königssohn aber hatte gewartet bis es kam, nahm es gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm.

Aschenputtel-36 👂 📔 🎴

Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach „Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich.“ Da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag.

Aschenputtel-35 👂 📔 🎴

Da hatte es die schönen Kleider abgezogen und aufs Grab gelegt und der Vogel hatte sie wieder weggenommen und dann hatte es sich in seinem grauen Kittelchen in die Küche zur Asche gesetzt.

Aschenputtel-34 👂 📔 🎴

Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche und ein trübes Öllämpchen brannte im Schornstein, denn Aschenputtel war geschwind aus dem Taubenhaus hinten herabgesprungen und war zu dem Haselbäumchen gelaufen.

Aschenputtel-33 👂 📔 🎴

Nun wartete der Königssohn bis der Vater kam und sagte ihm das fremde Mädchen wär in das Taubenhaus gesprungen. Der Alte dachte „sollte es Aschenputtel sein,“ und sie mussten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte: aber es war niemand darin.

Aschenputtel-32 👂 📔 🎴

Es tanzte bis es Abend war, da wollte es nach Haus gehen. Der Königssohn aber sprach „ich gehe mit und begleite dich,“ denn er wollte sehen zu wem das schöne Mädchen gehörte. Sie entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus.

Aschenputtel-31 👂 📔 🎴

An Aschenputtel dachten sie gar nicht und dachten es säße daheim im Schmutz und suchte die Linsen aus der Asche. Der Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also dass er ihm die Hand nicht los ließ und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er „das ist meine Tänzerin.“

Aschenputtel-30 👂 📔 🎴

Da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. In aller Eile zog es das Kleid an und ging zur Hochzeit. Seine Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten es müsste eine fremde Königstochter sein, so schön sah es in dem goldenen Kleide aus.

Aschenputtel-29 👂 📔 🎴

Darauf kehrte sie ihm den Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief „Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich wirf Gold und Silber über mich.“

Aschenputtel-28 👂 📔 🎴

Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der Stiefmutter, freute sich und glaubte nun dürfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach „es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen; wir müssten uns deiner schämen.“

Aschenputtel-27 👂 📔 🎴

Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen und fingen an pik, pik, pik, pik und da fingen die übrigen auch an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus.

Aschenputtel-26 👂 📔 🎴

Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein und danach die Turteltäubchen und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche nieder.

Aschenputtel-25 👂 📔 🎴

Als sie die zwei Schüsseln Linsen in die Asche geschüttet hatte, ging das Mädchen durch die Hintertüre nach dem Garten und rief „ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.“

Aschenputtel-24 👂 📔 🎴

Aber sie sprach „nein, Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, du wirst nur ausgelacht.“ Als es nun weinte, sprach sie „wenn du mir zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen,“ und dachte „das kann es ja nimmermehr.“

Aschenputtel-23 👂 📔 🎴

Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen die Schüssel der Stiefmutter, freute sich und glaubte es dürfte nun mit auf die Hochzeit gehen.

Aschenputtel-22 👂 📔 🎴

Und die Täubchen nickten mit den Köpfchen und fingen an pik, pik, pik, pik und da fingen die übrigen auch an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körnlein in die Schüssel.

Aschenputtel-21 👂 📔 🎴

Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein und danach die Turteltäubchen und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche nieder.

Aschenputtel-20 👂 📔 🎴

Das Mädchen ging durch die Hintertüre nach dem Garten und rief „ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.“

Aschenputtel-19 👂 📔 🎴

Als es aber mit Bitten anhielt, sprach sie endlich „da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die Asche geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast, so sollst du mitgehen.“

Aschenputtel-18 👂 📔 🎴

Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre und bat die Stiefmutter sie möchte es ihm erlauben. „Du Aschenputtel,“ sprach sie, „bist voll Staub und Schmutz und willst zur Hochzeit? du hast keine Kleider und Schuhe und willst tanzen!“

Aschenputtel-17 👂 📔 🎴

Die zwei Stiefschwestern, als sie hörten, dass sie auch dabei erscheinen sollten, waren guter Dinge, riefen Aschenputtel und sprachen „kämm uns die Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zur Hochzeit auf des Königs Schloss.“

Aschenputtel-16 👂 📔 🎴

Es begab sich aber, dass der König ein Fest anstellte, das drei Tage dauern sollte und wozu alle schönen Jungfrauen im Lande eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte.

Aschenputtel-15 👂 📔 🎴

Es wuchs aber und ward ein schöner Baum. Aschenputtel ging alle Tage dreimal darunter, weinte und betete und allemal kam ein weißes Vöglein auf den Baum und wenn es einen Wunsch aussprach, so warf ihm das Vöglein herab was es sich gewünscht hatte.

Aschenputtel-14 👂 📔 🎴

Als er nach Haus kam, gab er den Stieftöchtern was sie sich gewünscht hatten und dem Aschenputtel gab er das Reis von dem Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zu seiner Mutter Grab und pflanzte das Reis darauf und weinte so sehr, dass die Tränen darauf niederfielen und es begossen.

Aschenputtel-13 👂 📔 🎴

Er kaufte nun für die beiden Stiefschwestern schöne Kleider, Perlen und Edelsteine und auf dem Rückweg, als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein Haselreis und stieß ihm den Hut ab. Da brach er das Reis ab und nahm es mit.

Aschenputtel-12 👂 📔 🎴

„Aber du, Aschenputtel,“ sprach er, „was willst du haben?“ „Vater, das erste Reis, das euch auf eurem Heimweg an den Hut stößt, das brecht für mich ab.“

Aschenputtel-11 👂 📔 🎴

Es trug sich zu, dass der Vater einmal in die Messe ziehen wollte, da fragte er die beiden Stieftöchter was er ihnen mitbringen sollte? „Schöne Kleider“ sagte die eine, „Perlen und Edelsteine“ die zweite.

Aschenputtel-10 👂 📔 🎴

Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte, kam es in kein Bett, sondern musste sich neben den Herd in die Asche legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel.

Aschenputtel-9 👂 📔 🎴

Obendrein taten ihm die Schwestern alles ersinnliche Herzeleid an, verspotteten es und schütteten ihm die Erbsen und Linsen in die Asche, sodass es sitzen und sie wieder auslesen musste.

Aschenputtel-8 👂 📔 🎴

„Seht einmal die stolze Prinzessin, wie sie geputzt ist!“ riefen sie, lachten und führten es in die Küche. Da musste es von Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor Tag aufstehn, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen.

Aschenputtel-7 👂 📔 🎴

Sie nahmen ihm seine schönen Kleider weg, zogen ihm einen grauen alten Kittel an und gaben ihm hölzerne Schuhe.

Aschenputtel-6 👂 📔 🎴

„Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen!“ sprachen sie, „wer Brot essen will, muss es verdienen. Hinaus mit der Küchenmagd.“

Aschenputtel-5 👂 📔 🎴

Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und lieb von Angesicht waren, aber garstig und böse von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an.

Aschenputtel-4 👂 📔 🎴

Als der Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das Grab und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.

Aschenputtel-3 👂 📔 🎴

Darauf tat sie die Augen zu und verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und weinte und blieb fromm und gut.

Aschenputtel-2 👂 📔 🎴

„liebes Kind, bleib fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer beistehen und ich will vom Himmel auf dich herabblicken und will um dich sein.“

Aschenputtel-1 👂 📔 🎴

Einem reichen Manne dem wurde seine Frau krank und als sie fühlte, dass ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Die tapfere Schneiderin 👂 📔 🎴

Die tapfere Schneiderin 

Die tapfere Schneiderin-1 👂 📔 🎴

An einem Sommermorgen saß eine Schneiderin auf ihrem Tisch am Fenster , war guter Dinge und nähte aus Leibeskräften.

Die tapfere Schneiderin-2 👂 📔 🎴

Da kam eine Bauersfrau die Straße herab und rief: „Gut Mus feil ! Gut Mus feil !“

Die tapfere Schneiderin-3 👂 📔 🎴

Das klang der Schneiderin lieblich in die Ohren , sie steckte ihr zartes Haupt zum Fenster hinaus

Die tapfere Schneiderin-4 👂 📔 🎴

und rief: „ Hier herauf , liebe Frau , hier wird sie ihre Ware los .“

Die tapfere Schneiderin-5 👂 📔 🎴

Die Frau stieg die drei Treppen mit ihrem schweren Korbe zu der Schneiderin herauf und musste die Töpfe sämtlich vor ihr auspacken .

Die tapfere Schneiderin-6 👂 📔 🎴

Sie besah sie alle , hob sie in die Höhe , hielt die Nase dran und sagte endlich: „ Das Mus scheint mir gut ,

Die tapfere Schneiderin-7 👂 📔 🎴

wieg sie mir doch vier Lot ab , liebe Frau , wenns auch ein Viertelpfund ist , kommt es mir nicht darauf an .“

Die tapfere Schneiderin-8 👂 📔 🎴

Die Frau , welche gehofft hatte einen guten Absatz zu finden , gab ihr was sie verlangte , ging aber ganz ärgerlich und brummig fort .

Die tapfere Schneiderin-9 👂 📔 🎴

„ Nun , das Mus soll mir Gott gesegnen ,“ rief die Schneiderin ,„ und soll mir Kraft und Stärke geben ,“ holte das Brot aus dem Schrank

Die tapfere Schneiderin-10 👂 📔 🎴

, schnitt sich ein Stück über den ganzen Laib und strich das Mus darüber .

Die tapfere Schneiderin-11 👂 📔 🎴

„ Das wird nicht bitter schmecken ,“ sprach sie ,„ aber erst will ich den Wams fertig machen , eh ich anbeiße .“

Die tapfere Schneiderin-12 👂 📔 🎴

Sie legte das Brot neben sich , nähte weiter und machte vor Freude immer größere Stiche .

Die tapfere Schneiderin-13 👂 📔 🎴

Indes stieg der Geruch von dem süßen Mus hinauf an die Wand , wo die Fliegen in großer Menge saßen , sodass sie herangelockt wurden

Die tapfere Schneiderin-14 👂 📔 🎴

und sich scharenweis darauf niederließen . „Ei , wer hat euch eingeladen ?“ sprach die Schneiderin  und jagte die ungebetenen Gäste fort .

Die tapfere Schneiderin-15 👂 📔 🎴

Die Fliegen aber , die kein deutsch verstanden , ließen sich nicht abweisen , sondern kamen in immer größerer Gesellschaft wieder .

Die tapfere Schneiderin-16 👂 📔 🎴

Da lief der Schneiderin endlich , wie man sagt , die Laus über die Leber , sie langte aus ihrer Höhle nach einem Tuchlappen ,

Die tapfere Schneiderin-17 👂 📔 🎴

und „ Wart , ich will es euch geben !“ schlug sie unbarmherzig drauf .

Die tapfere Schneiderin-18 👂 📔 🎴

Als sie abzog und zählte , so lagen nicht weniger als sieben vor ihr tot und streckten die Beine .

Die tapfere Schneiderin-19 👂 📔 🎴

Und in der Hast schnitt sich die Schneiderin einen Gürtel , nähte ihn und stickte mit großen Buchstaben darauf :„ Siebene auf einen Streich !“

Die tapfere Schneiderin-20 👂 📔 🎴

„ Ei was Stadt ! “ sprach sie weiter , „ Die ganze Welt solls erfahren !“ und ihr Herz wackelte ihr vor Freude wie ein Lämmerschwänzchen .

Die tapfere Schneiderin-21 👂 📔 🎴

Die Schneiderin band sich den Gürtel um den Leib und wollte in die Welt hinaus , weil sie meinte, die Werkstätte sei zu klein für ihre Tapferkeit .

Die tapfere Schneiderin-22 👂 📔 🎴

Eh sie abzog, suchte sie im Haus herum ob nichts da wäre, was sie mitnehmen könnte, sie fand aber nichts als einen alten Käs,

Die tapfere Schneiderin-23 👂 📔 🎴

den steckte sie ein . Vor dem Tore bemerkte sie einen Vogel , der sich im Gesträuch gefangen hatte , der musste zu dem Käse in die Tasche .

Die tapfere Schneiderin-24 👂 📔 🎴

Nun nahm sie den Weg tapfer zwischen die Beine und weil sie leicht und behend war , fühlte sie keine Müdigkeit .

Die tapfere Schneiderin-25 👂 📔 🎴

Der Weg führte sie auf einen Berg und als sie den höchsten Gipfel erreicht hatte ,

Die tapfere Schneiderin-26 👂 📔 🎴

so saß da ein gewaltiger Riese und schaute sich ganz gemächlich um .

Die tapfere Schneiderin-27 👂 📔 🎴

Die Schneiderin ging beherzt auf ihn zu, redete ihn an und sprach: „Guten Tag, Kamerad, gelt,  du sitzest da und besiehst dir die weitläuftige Welt?

Die tapfere Schneiderin-28 👂 📔 🎴

Ich bin eben auf dem Wege dahin und will mich versuchen . Hast du Lust mitzugehen ?“

Die tapfere Schneiderin-30 👂 📔 🎴

Der Riese sah die Schneiderin verächtlich an und sprach: „ Du Gaunerin ! Du miserables Weib !“

Die tapfere Schneiderin-31 👂 📔 🎴

" Das wäre !" antwortete die Schneiderin , knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den Gürtel , „ Da kannst du lesen was ich für eine Frau bin .“ Der Riese las: „ Siebene auf einen Streich ,“ meinte das wären Menschen gewesen , die die Schneiderin erschlagen hätte und bekam ein wenig Respekt vor der kleinen Frau.

Die tapfere Schneiderin-32 👂 📔 🎴

Doch wollte er sie erst prüfen , nahm einen Stein in die Hand und drückte ihn zusammen , dass das Wasser heraustropfte . " Das mach mir nach , " sprach der Riese , " wenn du Stärke hast ."

Die tapfere Schneiderin-33 👂 📔 🎴

„ Ists weiter nichts ? “ sagte die Schneiderin , „ Das ist bei unser einer Spielwerk ,“ griff in die Tasche , holte den weichen Käs und drückte ihn, dass der Saft herauslief . „ Gelt ,“ sprach sie , „ das war ein wenig besser ? “

Die tapfere Schneiderin-34 👂 📔 🎴

Der Riese wusste nicht was er sagen sollte und konnte es von dem Mädlein nicht glauben . Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch , dass man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte : „ Nun , du Erpelmädchen, das tue mir nach . “ „ Gut geworfen  , “ sagte die Schneiderin , „ aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen , ich will dir einen werfen , der soll gar nicht wiederkommen ; “ griff in die Tasche , nahm den Vogel und warf ihn in die Luft . Der Vogel, froh über seine Freiheit , stieg auf , flog fort und kam nicht wieder . „ Wie gefällt dir das Stückchen , Kamerad ? “ fragte die Schneiderin.

Die tapfere Schneiderin-42 👂 📔 🎴

„ Werfen kannst du wohl , “ sagte der Riese , „ aber nun wollen wir sehen, ob du im Stande bist etwas Ordentliches zu tragen . “ Er führte die Schneiderin zu einem mächtigen Eichbaum , der da gefällt auf dem Boden lag und sagte: „ Wenn du stark genug bist , so hilf mir den Baum aus dem Walde heraustragen .

Die tapfere Schneiderin-43 👂 📔 🎴

„ Gerne , “ antwortete die kleine Frau , „ nimm du nur den Stamm auf deine Schulter , ich will die Äste mit dem Gezweig aufheben und tragen , das ist doch das Schwerste .“

Die tapfere Schneiderin-44 👂 📔 🎴

Der Riese nahm den Stamm auf die Schulter , die Schneiderin aber setzte sich auf einen Ast und der Riese, der sich nicht umsehen konnte , musste den ganzen Baum und die Schneiderin noch obendrein forttragen .

Die tapfere Schneiderin-45 👂 📔 🎴

Sie war da hinten ganz lustig und guter Dinge , pfiff das Liedchen " Es ritten drei Schneider zum Tore hinaus , “ als wäre das Baumtragen ein Kinderspiel .

Die tapfere Schneiderin-46 👂 📔 🎴

Der Riese , nachdem er ein Stück Wegs die schwere Last fortgeschleppt hatte , konnte nicht weiter und rief: „ Hör , ich muss den Baum fallen lassen .“

Die tapfere Schneiderin-47 👂 📔 🎴

Die Schneiderin sprang behendiglich herab , fasste den Baum mit beiden Armen , als wenn sie ihn getragen hätte und sprach zum Riesen: „ Du bist ein so großer Kerl und kannst den Baum nicht einmal tragen .“

Die tapfere Schneiderin-48 👂 📔 🎴

Sie gingen zusammen weiter und als sie an einem Kirschbaum vorbeikamen , fasste der Riese die Krone des Baums , wo die zeitigsten Früchte hingen , bog sie herab , gab sie der Schneiderin in die Hand und ließ sie essen .

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Die Schneiderin aber war viel zu schwach um den Baum zu halten und als der Riese losließ , fuhr der Baum in die Höhe und die Schneiderin ward mit in die Luft geschnellt .

Die tapfere Schneiderin-50 👂 📔 🎴

Als sie wieder ohne Schaden herabgefallen war , sprach der Riese: „ Was ist das , hast du nicht Kraft die schwache Gerte zu halten ?“

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„ An der Kraft fehlt es nicht ,“ antwortete die Schneiderin , „ meinst du das wäre etwas für eine , die siebene mit einem Streich getroffen hat ? Ich bin über den Baum gesprungen , weil die Jäger da unten in das Gebüsch schießen . Spring nach , wenn dus vermagst .“

Die tapfere Schneiderin-52 👂 📔 🎴

Der Riese machte den Versuch , konnte aber nicht über den Baum kommen , sondern blieb in den Ästen hängen , also dass die Schneiderin auch hier die Oberhand behielt .

Die tapfere Schneiderin-53 👂 📔 🎴

Der Riese sprach: „ Wenn du eine so tapfere Frau bist , so komm mit in unsere Höhle und übernachte bei uns .“ Die Schneiderin war bereit und folgte ihm.

Die tapfere Schneiderin-55 👂 📔 🎴

Als sie in der Höhle anlangten , saßen da noch andere Riesen beim Feuer und jeder hatte ein gebratenes Schaf in der Hand und aß davon . Die Schneiderin sah sich um und dachte: „ Es ist doch hier viel weitläuftiger als in meiner Werkstatt .“

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Der Riese wies ihr ein Bett an und sagte sie sollte sich hineinlegen und ausschlafen . Der Schneiderin war aber das Bett zu groß , sie legte sich nicht hinein , sondern kroch in eine Ecke .

Die tapfere Schneiderin-57 👂 📔 🎴

Als es Mitternacht war und der Riese meinte die Schneiderin läge in tiefem Schlafe , so stand er auf , nahm eine große Eisenstange und schlug das Bett mit einem Schlag durch und meinte er hätte dem Grashüpfer den Garaus gemacht .

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Mit dem frühsten Morgen gingen die Riesen in den Wald und hatten die Schneiderin ganz vergessen , da kam sie auf einmal ganz lustig und verwegen dahergeschritten . Die Riesen erschraken , fürchteten sie schlüge sie alle tot und liefen in einer Hast fort .

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Die Schneiderin zog weiter , immer ihrer spitzen Nase nach . Nachdem sie lange gewandert war , kam sie in den Hof eines königlichen Palastes und da sie Müdigkeit empfand , so legte sie sich ins Gras und schlief ein .

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Während sie da lag , kamen die Leute , betrachteten sie von allen Seiten und lasen auf dem Gürtel „ Siebene auf einen Streich .“ „ Ach ,“ sprachen sie , „ was will die große Kriegsheldin hier mitten im Frieden ? Das muss eine mächtige Frau sein .“

Die tapfere Schneiderin-61 👂 📔 🎴

Sie gingen und meldeten es dem König und meinten, wenn Krieg ausbrechen sollte , wäre das eine wichtige und nützliche Frau , die man um keinen Preis fortlassen dürfte . Dem König gefiel der Rat und er schickte einen von seinen Hofleuten an die Schneiderin ab , der sollte ihr , wenn sie aufgewacht wäre , Kriegsdienste anbieten .

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Der Abgesandte blieb bei der Schläferin stehen , wartete bis sie ihre Glieder streckte und die Augen aufschlug und brachte dann seinen Antrag vor . „ Eben deshalb bin ich hierhergekommen , “ antwortete sie , „ ich bin bereit in des Königs Dienste zu treten .“ Also ward sie ehrenvoll empfangen und ihr eine besondere Wohnung angewiesen .

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Die Kriegsleute aber waren der Schneiderin aufgesessen und wünschten sie wäre tausend Meilen weit weg . „ Was soll daraus werden ?“ sprachen sie untereinander , „ Wenn wir Zank mit ihr kriegen und sie haut zu , so fallen auf jeden Streich siebene . Da kann unser einer nicht bestehen .“

Die tapfere Schneiderin-64 👂 📔 🎴

Also fassten sie einen Entschluss , begaben sich allesamt zum König und baten um ihren Abschied . „ Wir sind nicht gemacht ,“ sprachen sie , „ neben einer Frau auszuhalten , die siebene auf einen Streich schlägt .“

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Der König war traurig, dass er um der Einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte , wünschte, dass seine Augen sie nie gesehen hätten und wäre sie gerne wieder los gewesen . Aber er getraute sich nicht ihr den Abschied zu geben , weil er fürchtete, sie möchte ihn samt seinem Volke totschlagen und sich auf den königlichen Tron setzen .

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Er sann lange hin und her , endlich fand er einen Rat . Er schickte zu der Schneiderin und ließ ihr sagen, weil sie eine so große Kriegsheldin wäre , so wollte sie ihm ein Anerbieten machen . In einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen , die mit Rauben, Morden, Sengen und Brennen großen Schaden stifteten. Niemand dürfte sich ihnen nahen ohne sich in Lebensgefahr zu setzen .

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Wenn sie diese beiden Riesen überwände und tötete , so wollte er ihr seinen einzigen Sohn zum Gemahl geben und das halbe Königreich zur Ehesteuer . Auch sollten hundert Reiter mitziehen und ihr Beistand leisten .

Die tapfere Schneiderin-68 👂 📔 🎴

„ Das wäre so etwas für eine Frau , wie du bist ,“ dachte die Schneiderin , „ einen schönen Königssohn und ein halbes Königreich wird einem nicht alle Tage angeboten .“ „ O ja ,“ gab sie zur Antwort , „ die Riesen will ich schon bändigen und habe die hundert Reiter dabei nicht nötig . Wer siebene auf einen Streich trifft , braucht sich vor zweien nicht zu fürchten .“

Die tapfere Schneiderin-69 👂 📔 🎴

Die Schneiderin zog aus und die hundert Reiter folgten ihr . Als sie zu dem Rand des Waldes kam , sprach sie zu ihren Begleitern: „ Bleibt hier nur halten , ich will schon allein mit den Riesen fertig werden .“ Dann sprang sie in den Wald hinein und schaute sich rechts und links um .

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Über ein Weilchen erblickte sie beide Riesen . Sie lagen unter einem Baume und schliefen und schnarchten dabei , dass sich die Äste auf- und niederbogen . Die Schneiderin , nicht faul , las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum .

Die tapfere Schneiderin-71 👂 📔 🎴

Als sie in der Mitte war , rutschte sie auf einen Ast bis sie gerade über die Schläfer zu sitzen kam und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen . Der Riese spürte lange nichts , doch endlich wachte er auf , stieß seinen Gesellen an und sprach: „ Was schlägst du mich .“ „ Du träumst ,“ sagte der andere , „ ich schlage dich nicht .“

Die tapfere Schneiderin-72 👂 📔 🎴

Sie legten sich wieder zum Schlaf , da warf die Schneiderin auf den zweiten einen Stein herab . „ Was soll das ?“ rief der andere , „ Warum bewirfst du mich ?“ „ Ich bewerfe dich nicht ,“ antwortete der erste und brummte . Sie zankten sich eine Weile herum , doch weil sie müde waren , ließen sies gut sein und die Augen fielen ihnen wieder zu .

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Die Schneiderin fing ihr Spiel von neuem an , suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust . „ Das ist zu arg !“ schrie er , sprang wie ein Unsinniger auf und stieß seinen Gesellen wider den Baum dass dieser zitterte . Der andere zahlte mit gleicher Münze und sie gerieten in solche Wut , dass sie Bäume ausrissen , aufeinander losschlugen , so lang bis sie endlich beide zugleich tot auf die Erde fielen .

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Nun sprang die Schneiderin herab . „ Ein Glück nur ,“ sprach sie , „ dass sie den Baum , auf dem ich saß , nicht ausgerissen haben , sonst hätte ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen . Doch unser einer ist flüchtig !“

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Sie zog ihr Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust , dann ging sie hinaus zu den Reitern und sprach: „ Die Arbeit ist getan , ich habe beiden den Garaus gemacht. Aber hart ist es hergegangen . Sie haben in der Not Bäume ausgerissen und sich gewehrt , doch das hilft alles nichts, wenn eine kommt wie ich , die siebene auf einen Streich schlägt .“

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„ Seid ihr denn nicht verwundet ? “ fragten die Reiter . „ Das hat gute Wege ,“ antwortete die Schneiderin , „ kein Haar haben sie mir gekrümmt . “ Die Reiter wollten ihr keinen Glauben beimessen und ritten in den Wald hinein . Da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend und ringsherum lagen die ausgerissenen Bäume .

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Die Schneiderin verlangte von dem König die versprochene Belohnung , den aber reute sein Versprechen und er sann aufs Neue wie er sich die Heldin vom Halse schaffen könnte . „ Ehe du meinen Sohn und das halbe Reich erhältst ,“ sprach er zu ihr , „ musst du noch eine Heldentat vollbringen .

Die tapfere Schneiderin-79 👂 📔 🎴

In dem Walde läuft ein Einhorn , das großen Schaden anrichtet , das musst du erst einfangen . “ „ Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen . Siebene auf einen Streich , das ist meine Sache .“

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Sie nahm sich einen Strick und eine Axt mit , ging hinaus in den Wald und hieß abermals die , welche ihr zugeordnet waren , außen warten . Sie brauchte nicht lange zu suchen , das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf die Schneiderin los , als wollte es sie ohne Umstände aufspießen .

Die tapfere Schneiderin-81 👂 📔 🎴

„ Sachte , sachte ,“ sprach sie , „ so geschwind geht das nicht ,“ blieb stehen und wartete bis das Tier ganz nahe war , dann sprang sie behendiglich hinter den Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm , dass es nicht Kraft genug hatte es wieder herauszuziehen und so war es gefangen.

Die tapfere Schneiderin-82 👂 📔 🎴

„ Jetzt hab ich das Vöglein ,“ sagte die Schneiderin , kam hinter dem Baum hervor , legte dem Einhorn den Strick erst um den Hals , dann hieb sie mit der Axt das Horn aus dem Baum und als alles in Ordnung war , führte sie das Tier ab und brachte es dem König.

Die tapfere Schneiderin-83 👂 📔 🎴

Der König wollte ihr den verheißenen Lohn noch nicht gewähren und machte eine dritte Forderung. Die Schneiderin sollte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in dem Wald großen Schaden tat . Die Jäger sollten ihr Beistand leisten.

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„ Gerne , “ sprach die Schneiderin , „ das ist ein Kinderspiel . “ Die Jäger nahm sie nicht mit in den Wald und sie waren wohl zufrieden , denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen, dass sie keine Lust hatten ihr nachzustellen .

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Als das Schwein die Schneiderin erblickte , lief es mit schäumendem Munde und wetzenden Zähnen auf sie zu und wollte sie zur Erde werfen . Die flüchtige Heldin aber sprang in eine Kapelle , die in der Nähe war und gleich oben zum Fenster in einem Satze wieder hinaus .

Die tapfere Schneiderin-86 👂 📔 🎴

Das Schwein war hinter ihr hergelaufen , sie aber hüpfte außen herum und schlug die Türe hinter ihm zu . Da war das wütende Tier gefangen , das viel zu schwer und unbehilflich war , um zu dem Fenster hinauszuspringen .

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Die Schneiderin rief die Jäger herbei essen , die mussten den Gefangenen mit eigenen Augen sehen . Die Heldin aber begab sich zum Könige , der nun , er mochte wollen oder nicht , sein Versprechen halten musste und ihr seinen Sohn und das halbe Königreich übergab .

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Hätte er gewusst , dass keine Kriegsheldin, sondern eine Schneiderin vor ihm stand , es wäre ihm noch mehr zu Herzen gegangen . Die Hochzeit ward also mit großer Pracht und kleiner Freude gehalten und aus einer Schneiderin eine Königin gemacht .

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Nach einiger Zeit hörte der junge König in der Nacht wie seine Gemahlin im Traume sprach: „ Mädchen , mach mir den Wams und flick mir die Hosen oder ich will dir die Elle über die Ohren schlagen .“

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Da merkte er in welcher Gasse die junge Dame geboren war , klagte am andern Morgen seinem Vater sein Leid und bat er möchte ihm von der Dame helfen , die nichts anders als eine Schneiderin wäre .

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Der König sprach ihm Trost zu und sagte: „ Lass in der nächsten Nacht deine Schlafkammer offen, meine Diener sollen außen stehen und, wenn sie eingeschlafen ist, hineingehen, sie binden und auf ein Schiff tragen, das sie in die weite Welt führt.“

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Der Mann war damit zufrieden , der Königin Waffenträger aber , der alles mit angehört hatte , war der jungen Dame gewogen und hinterbrachte ihr den ganzen Anschlag . „ Dem Ding will ich einen Riegel vorschieben ,“ sagte die Schneiderin.

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Abends legte sie sich zu gewöhnlicher Zeit mit ihrem Mann zu Bett . Als er glaubte sie sei eingeschlafen , stand er auf , öffnete die Türe und legte sich wieder .

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Die Schneiderin , die sich nur stellte als wenn sie schlief , fing an mit heller Stimme zu rufen: „ Mädchen , mach mir den Wams und flick mir die Hosen oder ich will dir die Elle über die Ohren schlagen ! Ich habe siebene mit einem Streich getroffen , zwei Riesen getötet , ein Einhorn fortgeführt und ein Wildschwein gefangen und sollte mich vor denen fürchten , die draußen vor der Kammer stehen !“

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Als diese die Schneiderin also sprechen hörten , überkam sie eine große Furcht , sie liefen als wenn das wilde Heer hinter ihnen wäre und keiner wollte sich mehr an sie wagen . Also war und blieb die Schneiderin ihren Lebtag eine Königin.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Rotkäppchen 👂 📔 🎴

Rotkäppchen

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So rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein und ertrank. Rotkäppchen aber ging fröhlich nach Haus und es tat ihm niemand etwas zu Leid.

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Rotkäppchen trug so lange, bis der große große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, dass er sich nicht mehr halten konnte und anfing zu rutschen.

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Aber die Großmutter merkte was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog, da sprach sie zu dem Kind: „Nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.“

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Sie schwiegen aber still und machten die Türe nicht auf. Da schlich der Graukopf etliche Male um das Haus, sprang endlich aufs Dach und wollte warten bis Rotkäppchen abends nach Haus ginge, dann wollte er ihm nachschleichen und wollts in der Dunkelheit fressen.

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„Komm,“ sagte die Großmutter, „wir wollen die Türe verschließen, dass er nicht hereinkann.“ Bald danach klopfte der Wolf an und rief „Mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich bring dir Gebackenes.“

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Rotkäppchen aber hütete sich und ging gerade fort seines Wegs und sagte der Großmutter, dass es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt hätte: „Wenns nicht auf offner Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen.“

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Es wird auch erzählt, dass einmal, als Rotkäppchen der alten Großmutter wieder Gebackenes brachte, ein anderer Wolf ihm zugesprochen und es vom Wege habe ableiten wollen.

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Da waren alle drei vergnügt. Der Jäger zog dem Wolf den Pelz ab und ging damit heim, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein den Rotkäppchen gebracht hatte und erholte sich wieder, Rotkäppchen aber dachte: „Du willst deinen Lebtag nicht wieder allein vom Wege ab in den Wald laufen, wenn dirs die Mutter verboten hat.“

Rotkäppchen-20 👂 📔 🎴

Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. Rotkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie dem Wolf den Leib und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber die Steine waren so schwer, dass er gleich niedersank und sich tot fiel.

Rotkäppchen-19 👂 📔 🎴

Wie er ein paar Schnitte getan hatte, da sah er das rote Käppchen leuchten und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief: „Ach, wie war ich erschrocken, wie wars so dunkel in dem Leib des Wolfes!“

Rotkäppchen-18 👂 📔 🎴

Da trat er in die Stube und wie er vor das Bette kam, so sah er, dass der Wolf darin lag. „Finde ich dich hier, du alter Sünder,“ sagte er, „ich habe dich lange gesucht.“ Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein, der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben und sie wäre noch zu retten. Er schoss nicht, sondern nahm eine Schere und fing an dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden.

Rotkäppchen-17 👂 📔 🎴

Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fing an überlaut zu schnarchen. Der Jäger ging eben an dem Haus vorbei und dachte: „Wie die alte Frau schnarcht, du musst doch sehen ob ihr etwas fehlt.“

Rotkäppchen-16 👂 📔 🎴

„Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!“ „Dass ich dich besser fressen kann.“ Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.

Rotkäppchen-15 👂 📔 🎴

„Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!“ „Dass ich dich besser hören kann.“ „Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!“ „Dass ich dich besser sehen kann.“ „Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!“ „Dass ich dich besser packen kann.“

Rotkäppchen-14 👂 📔 🎴

Es rief: „Guten Morgen,“ bekam aber keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück. Da lag die Großmutter und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus.

Rotkäppchen-13 👂 📔 🎴

Es wunderte sich, dass die Türe offen stand und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, dass es dachte: „Ei, wie ängstlich wird mirs heute zu Mut und bin sonst so gerne bei der Großmutter!“

Rotkäppchen-12 👂 📔 🎴

Rotkäppchen aber war nach den Blumen herumgelaufen und als es so viel zusammen hatte, dass es keine mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr.

Rotkäppchen-11 👂 📔 🎴

Der Wolf drückte auf die Klinke, die Türe sprang auf und er ging, ohne ein Wort zu sprechen, gerade zum Bett der Großmutter und verschluckte sie. Dann tat er ihre Kleider an, setzte ihre Haube auf, legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor.

Rotkäppchen-10 👂 📔 🎴

Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es weiter hinaus stände eine schönere und lief danach und geriet immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber ging geradeswegs nach dem Haus der Großmutter und klopfte an die Türe. „Wer ist draußen?“ „Rotkäppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.“ „Drück nur auf die Klinke,“ rief die Großmutter, „ich bin zu schwach und kann nicht aufstehen.“

Rotkäppchen-9 👂 📔 🎴

Rotkäppchen schlug die Augen auf und als es sah wie die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin und her tanzten und alles voll schöner Blumen stand, dachte es: „Wenn ich der Großmutter einen frischen Strauß mitbringe, der wird ihr auch Freude machen. Es ist so früh am Tag, dass ich doch zu rechter Zeit ankomme,“ lief vom Wege ab in den Wald hinein und suchte Blumen.

Rotkäppchen-8 👂 📔 🎴

Da ging er ein Weilchen neben Rotkäppchen her, dann sprach er: „Rotkäppchen, sieh einmal die schönen Blumen, die rings umherstehen, warum guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie die Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin als wenn du zur Schule gingst und es ist so lustig in dem Wald.“

Rotkäppchen-7 👂 📔 🎴

Der Wolf dachte bei sich: „Das junge zarte Ding, das ist ein fetter Bissen, der wird noch besser schmecken als die Alte. Du musst es listig anfangen, damit du beide erschnappst.“

Rotkäppchen-6 👂 📔 🎴

„Rotkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?“ „Noch eine gute Viertelstunde weiter im Wald, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nusshecken, das wirst du ja wissen“ sagte Rotkäppchen.

Rotkäppchen-5 👂 📔 🎴

„Guten Tag, Rotkäppchen,“ sprach er. „Schönen Dank, Wolf.“ „Wo hinaus so früh, Rotkäppchen?“ „Zur Großmutter.“ „Was trägst du unter der Schürze?“ „Kuchen und Wein. Gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas Gutes tun und sich damit stärken.“

Rotkäppchen-4 👂 📔 🎴

Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wusste nicht was das für ein böses Tier war und fürchtete sich nicht vor ihm.

Rotkäppchen-3 👂 📔 🎴

Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiss nicht guten Morgen zu sagen und guck nicht erst in alle Ecken herum.“ „Ich will schon alles gut machen“, sagte Rotkäppchen zur Mutter und gab ihr die Hand darauf.

Rotkäppchen-2 👂 📔 🎴

Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm: „Komm, Rotkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, bring das der Großmutter hinaus. Sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Mach dich auf bevor es heiß wird und wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas und die Großmutter hat nichts.

Rotkäppchen-1 👂 📔 🎴

Es war einmal eine kleine Dirne, die hatte jeder lieb, der sie nur ansah. Am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wusste gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Samt und weil ihm das so wohl stand und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Rumpelstilzchen 👂 📔 🎴

Rumpelstilzchen

Rumpelstilzchen-1 👂 📔 🎴

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, dass er mit dem König zu sprechen kam und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm: „Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“

Rumpelstilzchen-2 👂 📔 🎴

Der König sprach zum Müller: „Das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie morgen in mein Schloss, da will ich sie auf die Probe stellen.“

Rumpelstilzchen-3 👂 📔 🎴

Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach: „Jetzt mache dich an die Arbeit und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so musst du sterben.“ Darauf schloss er die Kammer selbst zu und sie blieb allein darin.

Rumpelstilzchen-4 👂 📔 🎴

Da saß nun die arme Müllerstochter und wusste um ihr Leben keinen Rat. Sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte und ihre Angst ward immer größer, dass sie endlich zu weinen anfing. Da ging auf einmal die Türe auf und trat ein kleines Männchen herein und sprach:

Rumpelstilzchen-5 👂 📔 🎴

„Guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?“ „Ach,“ antwortete das Mädchen, „ich soll Stroh zu Gold spinnen und verstehe das nicht.“ Sprach das Männchen „Was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?“ „Mein Halsband“ sagte das Mädchen.

Rumpelstilzchen-6 👂 📔 🎴

Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll

Rumpelstilzchen-7 👂 📔 🎴

und so gings fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch goldgieriger.

Rumpelstilzchen-8 👂 📔 🎴

Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre.

Rumpelstilzchen-9 👂 📔 🎴

Das Mädchen wusste sich nicht zu helfen und weinte, da ging abermals die Türe auf und das kleine Männchen erschien und sprach „Was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“ antwortete das Mädchen.

Rumpelstilzchen-10 👂 📔 🎴

Das Männchen nahm den Ring, fing wieder an zu schnurren mit dem Rade und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen.

Rumpelstilzchen-11 👂 📔 🎴

Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht des Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach: „Die musst du noch in dieser Nacht verspinnen. Gelingt dirs aber, so sollst du meine Gemahlin werden.“

Rumpelstilzchen-12 👂 📔 🎴

„Wenns auch eine Müllerstochter ist,“ dachte er, „eine reichere Frau finde ich in der ganzen Welt nicht.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum dritten Mal wieder und sprach „Was gibst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte“ antwortete das Mädchen.

Rumpelstilzchen-13 👂 📔 🎴

“So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.“ „Wer weiß wie das noch geht“ dachte die Müllerstochter und wusste sich auch in der Not nicht anders zu helfen. Sie versprach also dem Männchen was es verlangte und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold.

Rumpelstilzchen-14 👂 📔 🎴

Und als am Morgen der König kam und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr und die schöne Müllerstochter ward eine Königin. Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zur Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen. Da trat es plötzlich in ihre Kammer und sprach: „Nun gib mir was du versprochen hast.“

Rumpelstilzchen-15 👂 📔 🎴

Die Königin erschrak und bot dem Männchen alle Reichtümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte, aber das Männchen sprach: „Nein, etwas Lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“

Rumpelstilzchen-16 👂 📔 🎴

Da fing die Königin so an zu jammern und zu weinen, dass das Männchen Mitleiden mit ihr hatte: „Drei Tage will ich dir Zeit lassen,“ sprach er, „wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“

Rumpelstilzchen-17 👂 📔 🎴

Nun besann sich die Königin die ganze Nacht über auf alle Namen, die sie jemals gehört hatte und schickte einen Boten übers Land, der sollte sich erkundigen weit und breit was es sonst noch für Namen gäbe.

Rumpelstilzchen-18 👂 📔 🎴

Als am andern Tag das Männchen kam, fing sie an mit Caspar, Melchior, Balzer und sagte alle Namen, die sie wusste, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein: „So heiß ich nicht.“ Den zweiten Tag ließ sie in der Nachbarschaft herumfragen wie die Leute da genannt würden und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor:

Rumpelstilzchen-19 👂 📔 🎴

„Heißt du vielleicht Rippenbiest oder Hammelswade oder Schnürbein?“, aber es antwortete immer: „So heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte: „Neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam,

Rumpelstilzchen-20 👂 📔 🎴

wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus und vor dem Haus brannte ein Feuer und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie: „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind. Ach, wie gut ist, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!“

Rumpelstilzchen-21 👂 📔 🎴

Da könnt ihr denken wie die Königin froh war, als sie den Namen hörte und als bald hernach das Männlein hereintrat und fragte: „Nun, Frau Königin, wie heiß ich?“, fragte sie erst: „Heißest du Kunz?“ „Nein.“ „Heißest du Heinz?“ „Nein.“ „Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“

Rumpelstilzchen-22 👂 📔 🎴

„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“, schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, dass es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riss sich selbst mitten entzwei.

Rumpelstilzchen-23 👂 📔 🎴

Rumpelstilzchen

Dornröschen-24 👂 📔 🎴

die Fliegen an den Wänden krochen weiter, das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte und kochte das Essen, der Braten fing wieder an zu brutzeln und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, dass er schrie und die Magd rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohns mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Dornröschen 👂 📔 🎴

Dornröschen

Dornröschen-1 👂 📔 🎴

Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: „Ach, wenn wir doch ein Kind hätten!“ und bekamen immer keins. Da trug sich zu, als die Königin einmal im Bade saß, dass ein Frosch aus dem Wasser ans Land kroch und zu ihr sprach: „Dein Wunsch wird erfüllt werden, ehe ein Jahr vergeht, wirst du eine Tochter zur Welt bringen.“

Dornröschen-2 👂 📔 🎴

Was der Frosch gesagt hatte, das geschah und die Königin gebar ein Mädchen, das war so schön, dass der König vor Freude sich nicht zu lassen wusste und ein großes Fest anstellte.

Dornröschen-3 👂 📔 🎴

Er lud nicht bloß seine Verwandten, Freunde und Bekannten, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kind hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche, weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so musste eine von ihnen daheim bleiben.

Dornröschen-4 👂 📔 🎴

Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein.

Dornröschen-5 👂 📔 🎴

Sie wollte sich dafür rächen, dass sie nicht eingeladen war und ohne jemanden zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: „Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen.“

Dornröschen-6 👂 📔 🎴

Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat die Zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konnte, so sagte sie: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.“

Dornröschen-7 👂 📔 🎴

Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück gern bewahren wollte, ließ den Befehl ausgehen, dass alle Spindeln im ganzen Königreiche sollten verbrannt werden. An dem Mädchen aber wurden die Gaben der weisen Frauen sämtlich erfüllt, denn es war so schön, sittsam, freundlich und verständig, dass es jedermann, der es ansah, lieb haben musste.

Dornröschen-8 👂 📔 🎴

Es geschah, dass an dem Tage, wo es gerade fünfzehn Jahr alt ward, der König und die Königin nicht zu Haus waren und das Mädchen ganz allein im Schloss zurückblieb.

Dornröschen-9 👂 📔 🎴

Da ging es aller Orten herum, besah Stuben und Kammern, wie es Lust hatte und kam endlich auch an einen alten Turm. Es stieg die enge Wendeltreppe hinauf und gelangte zu einer kleinen Türe. In dem Schloss steckte ein verrosteter Schlüssel und als es umdrehte, sprang die Türe auf und saß da in einem kleinen Stübchen eine alte Frau mit einer Spindel und spann emsig ihren Flachs.

Dornröschen-10 👂 📔 🎴

„Guten Tag, du altes Mütterchen,“ sprach die Königstochter, „was machst du da?“ „Ich spinne,“ sagte die Alte und nickte mit dem Kopf. „Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?“ sprach das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen.

Dornröschen-11 👂 📔 🎴

Kaum hatte sie aber die Spindel angerührt, so ging der Zauberspruch in Erfüllung und sie stach sich damit in den Finger. In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, fiel sie auf das Bett nieder, das da stand und lag in einem tiefen Schlaf.

Dornröschen-12 👂 📔 🎴

Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloss. Der König und die Königin, die eben heimgekommen waren und in den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen und der ganze Hofstaat mit ihnen.

Dornröschen-13 👂 📔 🎴

Da schliefen auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der Wand, ja, das Feuer, das auf dem Herde flackerte, ward still und schlief ein und der Braten hörte auf zu brutzeln und der Koch, der den Küchenjungen, weil er etwas versehen hatte, in den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. Und der Wind legte sich und auf den Bäumen vor dem Schloss regte sich kein Blättchen mehr.

Dornröschen-14 👂 📔 🎴

Rings um das Schloss aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloss umzog und darüber hinauswuchs, dass gar nichts mehr davon zu sehen war, selbst nicht die Fahne auf dem Dach.

Dornröschen-15 👂 📔 🎴

Es ging aber die Sage in dem Land von dem schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die Königstochter genannt, also dass von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die Hecke in das Schloss dringen wollten. Es war ihnen aber nicht möglich, denn die Dornen, als hätten sie Hände, hielten fest zusammen und die Jünglinge blieben darin hängen, konnten sich nicht wieder losmachen und starben eines jämmerlichen Todes.

Dornröschen-16 👂 📔 🎴

Nach langen langen Jahren kam wieder einmal ein Königssohn in das Land und hörte wie ein alter Mann von der Dornhecke erzählte, es sollte ein Schloss dahinter stehen, in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schon seit hundert Jahren schliefe und mit ihr schliefe der König und die Königin und der ganze Hofstaat.

Dornröschen-17 👂 📔 🎴

Er wusste auch von seinem Großvater, dass schon viele Königssöhne gekommen wären und versucht hätten durch die Dornenhecke zu dringen, aber sie wären darin hängen geblieben und eines traurigen Todes gestorben.

Dornröschen-18 👂 📔 🎴

Da sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen.“ Der gute Alte mochte ihm abraten, wie er wollte, er hörte nicht auf seine Worte. Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen und der Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte.

Dornröschen-19 👂 📔 🎴

Als der Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn unbeschädigt hindurch und hinter ihm taten sie sich wieder als eine Hecke zusammen.

Dornröschen-20 👂 📔 🎴

Im Schlosshof sah er die Pferde und scheckigen Jagdhunde liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden.

Dornröschen-21 👂 📔 🎴

Da ging er weiter und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen und oben bei dem Trone lag der König und die Königin. Da ging er noch weiter und alles war so still, dass einer seinen Atem hören konnte und endlich kam er zu dem Turm und öffnete die Türe zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief.

Dornröschen-22 👂 📔 🎴

Da lag es und war so schön, dass er die Augen nicht abwenden konnte und er bückte sich und gab ihm einen Kuss. Wie er es mit dem Kuss berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte und blickte ihn ganz freundlich an.

Dornröschen-23 👂 📔 🎴

Da gingen sie zusammen herab und der König erwachte und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander mit großen Augen an. Und die Pferde im Hof standen auf und rüttelten sich, die Jagdhunde sprangen und wedelten, die Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und flogen ins Feld,

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Der Froschkönig, oder der eiserne Heinrich

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-1 👂 📔 🎴

In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön,

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-2 👂 📔 🎴

aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte so oft sie ihr ins Gesicht schien.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-3 👂 📔 🎴

Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-4 👂 📔 🎴

Wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-5 👂 📔 🎴

und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk. Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-6 👂 📔 🎴

Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-7 👂 📔 🎴

Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-8 👂 📔 🎴

Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu „Qwak ! Was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-9 👂 📔 🎴

Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken hässlichen Kopf aus dem Wasser streckte.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-10 👂 📔 🎴

" Ach, du bists, alter Wasserpatscher " sagte sie, „ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-11 👂 📔 🎴

"Sei still und weine nicht," antwortete der Frosch, "ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-12 👂 📔 🎴

„Was du haben willst, lieber Frosch,“ sagte sie, „meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-13 👂 📔 🎴

Der Frosch antwortete: „Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und deine goldene Krone, die mag ich nicht,

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-14 👂 📔 🎴

aber wenn du mich lieb haben willst und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen; wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder heraufholen.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-15 👂 📔 🎴

„Ach ja,“ sagte sie, „ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wiederbringst.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-16 👂 📔 🎴

Sie dachte aber: „Was der einfältige Frosch schwätzt, der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und quackt und kann keines Menschen Geselle sein.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-17 👂 📔 🎴

Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-18 👂 📔 🎴

Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-19 👂 📔 🎴

„Warte, warte,“ rief der Frosch, „nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du.“ Aber was half ihm, dass er ihr sein quack quack so laut nachschrie wie er konnte!

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-20 👂 📔 🎴

Sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen musste.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-21 👂 📔 🎴

Am andern Tage, als sie mit der Königin und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen,

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-22 👂 📔 🎴

als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief „Königstochter, jüngste, mach mir auf.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-23 👂 📔 🎴

Sie lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch und war ihr ganz angst.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-24 👂 📔 🎴

Die Königin sah wohl, dass ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach „Mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-25 👂 📔 🎴

„Ach, nein,“ antwortete sie, „es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-26 👂 📔 🎴

„Was will der Frosch von dir?“ „Ach liebe Mutter, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-27 👂 📔 🎴

Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm er sollte mein Geselle werden,

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-28 👂 📔 🎴

ich dachte aber nimmermehr, dass er aus seinem Wasser herauskönnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-29 👂 📔 🎴

Indem klopfte es zum zweiten Mal und rief: "Königstochter, jüngste, mach mir auf, weißt du nicht was gestern du zu mir gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, mach mir auf."

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-30 👂 📔 🎴

Da sagte die Königin „Was du versprochen hast, das musst du auch halten. Geh nur und mach ihm auf.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-31 👂 📔 🎴

Sie ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-32 👂 📔 🎴

Da saß er und rief „Heb mich herauf zu dir.“ Sie zauderte bis es endlich die Königin befahl.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-33 👂 📔 🎴

Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch und als er da saß, sprach er „Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-34 👂 📔 🎴

Das tat sie zwar, aber man sah wohl, dass sies nicht gerne tat. Der Frosch ließ sichs gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bisslein im Halse.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-35 👂 📔 🎴

Endlich sprach er: „Ich habe mich satt gegessen und bin müde, nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-36 👂 📔 🎴

Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren getraute und der nun in ihrem schönen reinen Bettlein schlafen sollte.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-37 👂 📔 🎴

Die Königin aber war zornig und sprach „Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-38 👂 📔 🎴

Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach „Ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du. Heb mich herauf oder ich sags deiner Mutter.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-39 👂 📔 🎴

Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand, „Nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch.“

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-40 👂 📔 🎴

Als er aber herabfiel, war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden und niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-41 👂 📔 🎴

Dann schliefen sie ein und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-42 👂 📔 🎴

Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, dass er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-43 👂 📔 🎴

Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen. Der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-44 👂 📔 🎴

Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn, dass es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-45 👂 📔 🎴

"Heinrich, der Wagen bricht." "Nein, Herr, der Wagen nicht, es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als ihr in dem Brunnen saßt, als ihr eine Fretsche warst."

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-46 👂 📔 🎴

Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg und der Königssohn meinte immer, der Wagen bräche und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich-47 👂 📔 🎴

Der Froschkönig und der eiserne Heinrich

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Königin Drosselbärtin 👂 📔 🎴

Königin Drosselbärtin

Königin Drosselbärtin-1 👂 📔 🎴

Ein König hatte einen Sohn, der war über alle Maßen schön, aber dabei so stolz und übermütig, dass ihm keine Bewerberin gut genug war. Er wies eine nach der andern ab und trieb noch dazu Spott mit ihnen.

Königin Drosselbärtin-2 👂 📔 🎴

Einmal ließ der König ein großes Fest anstellen und lud dazu aus der Nähe und Ferne die heiratslustigen Frauen ein. Sie wurden alle in eine Reihe nach Rang und Stand geordnet; erst kamen die Königinnen, dann die Herzoginnen, die Fürstinnen, Gräfinnen und Freifrauen, zuletzt die Edelleute.

Königin Drosselbärtin-3 👂 📔 🎴

Nun ward der Königssohn durch die Reihen geführt, aber an jeder hatte er etwas auszusetzen. Die eine war ihm zu dick, „Das Weinfass!“, sprach er. Die andere zu lang, „Lang und schwank hat keinen Gang.“ Die dritte zu kurz, „Kurz und dick hat kein Geschick.“

Königin Drosselbärtin-4 👂 📔 🎴

Die vierte zu blass, „Der bleiche Tod!“, die fünfte zu rot, „Die Zinshenne!“, die sechste war nicht gerad genug, „Grünes Holz, hinterm Ofen getrocknet!“

Königin Drosselbärtin-5 👂 📔 🎴

Und so hatte er an einer jeden etwas auszusetzen, besonders aber machte er sich über eine gute Königin lustig, die ganz oben stand und der das Kinn ein wenig krumm gewachsen war.

Königin Drosselbärtin-6 👂 📔 🎴

„Ei,“ rief er und lachte, „die hat ein Kinn, wie die Drossel einen Schnabel“ und seit der Zeit bekam sie den Namen Drosselbärtin. Der alte König aber, als er sah, dass sein Sohn nichts tat als über die Leute spotten und alle Bewerberinnen, die da versammelt waren, verschmähte, ward er zornig und schwur, er sollte die erst beste Bettlerin zur Frau nehmen, die vor seine Türe käme.

Königin Drosselbärtin-7 👂 📔 🎴

Ein paar Tage darauf hub eine Spielfrau an unter dem Fenster zu singen, um damit ein geringes Almosen zu verdienen. Als es der König hörte, sprach er: „Lasst sie heraufkommen.“ Da trat die Spielfrau in ihren schmutzigen verlumpten Kleidern herein, sang vor dem König und seinem Sohn und bat, als sie fertig war, um eine milde Gabe.

Königin Drosselbärtin-8 👂 📔 🎴

Der König sprach: „Dein Gesang hat mir so wohl gefallen, dass ich dir meinen Sohn da zum Manne geben will.“ Der Königssohn erschrak, aber der König sagte: „Ich habe den Eid getan, dich der erst besten Bettelfrau zu geben, den will ich auch halten.“

Königin Drosselbärtin-9 👂 📔 🎴

Es half keine Einrede, der Pfarrer ward geholt und er musste sich gleich mit der Spielfrau trauen lassen. Als das geschehen war, sprach der König: „Nun schickt sichs nicht, dass du als ein Bettelmann noch länger in meinem Schloss bleibst, du kannst nur mit deiner Frau fortziehen.“

Königin Drosselbärtin-10 👂 📔 🎴

Die Bettelfrau führte ihn an der Hand hinaus und er musste mit ihr zu Fuß fortgehen. Als sie in einen großen Wald kamen, da fragte er: „Ach, wem gehört der schöne Wald?“ „Der gehört der Königin Drosselbärtin; hättst du sie genommen, so wär er dein.“ „Ich armer Jüngling zart, ach, hätt ich genommen Königin Drosselbärtin!“

Königin Drosselbärtin-11 👂 📔 🎴

Darauf kamen sie über eine Wiese, da fragte er wieder: „Wem gehört die schöne grüne Wiese?“ „Sie gehört der Königin Drosselbärtin; hättst du sie genommen, so wär sie dein.“ „Ich armer Jüngling zart, ach, hätt ich genommen Königin Drosselbärtin!“

Königin Drosselbärtin-12 👂 📔 🎴

Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte er wieder: „Wem gehört diese schöne große Stadt?“ „Sie gehört der Königin Drosselbärtin; hättst du sie genommen, so wär sie dein.“ „Ich armer Jüngling zart, ach, hätt ich genommen Königin Drosselbärtin!“

Königin Drosselbärtin-13 👂 📔 🎴

„Es gefällt mir gar nicht,“ sprach die Spielfrau, „dass du dir immer eine andre zur Frau wünschest; bin ich dir nicht gut genug?“ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach er: „Ach Gott, was ist das Haus so klein! Wem mag das elende winzige Häuschen sein?“

Königin Drosselbärtin-14 👂 📔 🎴

Die Spielfrau antwortete: „Das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.“ Er musste sich bücken, damit er zu der niedrigen Tür hineinkam. „Wo sind die Diener?“ sprach der Königssohn.

Königin Drosselbärtin-15 👂 📔 🎴

„Was für Diener?“ fragte die Bettelfrau, „Du musst selber tun was du willst getan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, dass du mir mein Essen kochst, ich bin ganz müde.“

Königin Drosselbärtin-16 👂 📔 🎴

Der Königssohn verstand aber nichts vom Feuermachen und Kochen und die Bettelfrau musste selber mit Hand anlegen, dass es noch so leidlich ging. Als sie die schmale Kost verzehrt hatten, legten sie sich zu Bett, aber am Morgen trieb sie ihn schon ganz früh heraus, weil er das Haus besorgen sollte.

Königin Drosselbärtin-17 👂 📔 🎴

Ein paar Tage lebten sie auf diese Art schlecht und recht und zehrten ihren Vorrat auf. Da sprach die Frau: „Mann, so gehts nicht länger, dass wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Körbe flechten.“

Königin Drosselbärtin-18 👂 📔 🎴

Sie ging aus, schnitt Weiden und brachte sie heim, da fing er an zu flechten, aber die harten Weiden stachen ihm die zarten Hände wund. „Ich sehe, das geht nicht,“ sprach die Frau, „spinn lieber, vielleicht kannst du das besser.“

Königin Drosselbärtin-19 👂 📔 🎴

Er setzte sich hin und versuchte zu spinnen, aber der harte Faden schnitt ihm bald in die weichen Finger, dass das Blut daran herunterlief. „Siehst du,“ sprach die Frau, „du taugst zu keiner Arbeit, mit dir bin ich schlimm angekommen. Nun will ichs versuchen und einen Handel mit Töpfen und irdenem Geschirr anfangen, du sollst dich auf den Markt setzen und die Ware feil halten.“

Königin Drosselbärtin-20 👂 📔 🎴

„Ach,“ dachte er, „wenn auf den Markt Leute aus meines Vaters Reich kommen und sehen mich da sitzen und feil halten, wie werden sie mich verspotten!“ Aber es half nichts, er musste sich fügen, wenn er nicht Hungers sterben wollte. Das erste Mal gings gut, denn die Leute kauften dem Mann, weil er schön war, gern seine Ware ab und bezahlten was er forderte. Ja, viele gaben ihm das Geld und ließen ihm die Töpfe noch dazu.

Königin Drosselbärtin-21 👂 📔 🎴

Nun lebten sie von dem Erworbenen so lang es dauerte, da handelte die Frau wieder eine Menge neues Geschirr ein. Er setzte sich damit an eine Ecke des Marktes und stellte es um sich her und hielt feil. Da kam plötzlich eine trunkene Reiterin dahergejagt und ritt geradezu in die Töpfe hinein, dass alles in tausend Scherben zersprang.

Königin Drosselbärtin-22 👂 📔 🎴

Er fing an zu weinen und wusste vor Angst nicht, was er anfangen sollte. „Ach, wie wird mirs ergehen!“ rief er, „Was wird meine Frau dazu sagen!“ Er lief heim und erzählte ihr das Unglück.

Königin Drosselbärtin-23 👂 📔 🎴

„Wer setzt sich auch an die Ecke des Marktes mit irdenem Geschirr!“ sprach die Frau, „Lass nur das Weinen, ich sehe wohl, du bist zu keiner ordentlichen Arbeit zu gebrauchen. Da bin ich in unserer Königinnen Schloss gewesen und habe gefragt, ob sie nicht einen Küchenknecht brauchen könnten und sie haben mir versprochen, sie wollten dich dazunehmen; dafür bekommst du freies Essen.“

Königin Drosselbärtin-24 👂 📔 🎴

Nun ward der Königssohn ein Küchenknecht, musste dem Koch zur Hand gehen und die sauerste Arbeit tun. Er machte sich in beiden Taschen ein Töpfchen fest, darin brachte er nach Haus, was er von dem Speiserest zu Teil ward und davon nährten sie sich.

Königin Drosselbärtin-25 👂 📔 🎴

Es trug sich zu, dass die Hochzeit der ältesten Königstochter sollte gefeiert werden, da ging der arme Mann hinauf, stellte sich vor die Saaltüre und wollte zusehen.

Königin Drosselbärtin-26 👂 📔 🎴

Als nun die Lichter angezündet waren und immer einer schöner als der andere hereintrat und alles voll Pracht und Herrlichkeit war, da dachte er mit betrübtem Herzen an sein Schicksal und verwünschte seinen Stolz und Übermut, der ihn erniedrigt und in so große Armut gestürzt hatte.

Königin Drosselbärtin-27 👂 📔 🎴

Von den köstlichen Speisen, die da ein und ausgetragen wurden und von welchen der Geruch zu ihm aufstieg, warfen ihm Diener manchmal ein paar Brocken zu, die tat er in sein Töpfchen und wollte es heim tragen. Auf einmal trat die Königstochter herein, war in Samt und Seide gekleidet und hatte goldene Ketten um den Hals.

Königin Drosselbärtin-28 👂 📔 🎴

Und als sie den schönen Mann in der Türe stehen sah, ergriff sie seine Hand und wollte mit ihm tanzen, aber er weigerte sich und erschrak, denn er sah, dass es die Königin Drosselbärtin war, die um ihn gefreit und die er mit Spott abgewiesen hatte.

Königin Drosselbärtin-29 👂 📔 🎴

Sein Sträuben half nichts, sie zog ihn in den Saal, da zerriss das Band, an welchem die Taschen hingen und die Töpfe fielen heraus, dass die Suppe floss und die Brocken umhersprangen.

Königin Drosselbärtin-30 👂 📔 🎴

Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelächter und Spotten und er war so beschämt, dass er sich lieber tausend Kilometer unter die Erde gewünscht hätte. Er sprang zur Türe hinaus und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte ihn eine Frau ein und brachte ihn zurück und wie er sie ansah, war es wieder die Königin Drosselbärtin.

Königin Drosselbärtin-31 👂 📔 🎴

Sie sprach ihm freundlich zu: „Fürchte dich nicht, ich und die Spielfrau, die mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins. Dir zu Liebe habe ich mich so verstellt und die Reiterin, die dir die Töpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen.

Königin Drosselbärtin-32 👂 📔 🎴

Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen und dich für deinen Hochmut zu strafen, womit du mich verspottet hast.“

Königin Drosselbärtin-33 👂 📔 🎴

Da weinte er bitterlich und sagte: „Ich habe großes Unrecht gehabt und bin nicht wert dein Mann zu sein.“ Sie aber sprach: „Tröste dich, die bösen Tage sind vorüber, jetzt wollen wir unsere Hochzeit feiern.“

Königin Drosselbärtin-34 👂 📔 🎴

Da kamen die Kammermänner und taten ihm die prächtigsten Kleider an und sein Vater kam und der ganze Hof und wünschten ihm Glück zu seiner Vermählung mit der Königin Drosselbärtin und die rechte Freude fing jetzt erst an. Ich wollte, du und ich, wir wären auch dabei gewesen.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Rapunzel 👂 📔 🎴

Rapunzel

Rapunzel-1 👂 📔 🎴

Es war einmal ein Mann und eine Frau, die wünschten sich schon lange vergeblich ein Kind, endlich machte sich die Frau Hoffnung ihr Wunsch würde erfüllt werden.

Rapunzel-2 👂 📔 🎴

Die Leute hatten in ihrem Hinterhaus ein kleines Fenster, daraus konnte man in einen prächtigen Garten sehen, der voll der schönsten Blumen und Kräuter stand. Er war aber von einer hohen Mauer umgeben und niemand wagte hineinzugehen, weil er einer Zauberin gehörte, die große Macht hatte und von aller Welt gefürchtet ward.

Rapunzel-3 👂 📔 🎴

Eines Tags stand die Frau an diesem Fenster und sah in den Garten hinab, da erblickte sie ein Beet, das mit den schönsten Rapunzeln bepflanzt war und sie sahen so frisch und grün aus, dass sie lüstern ward und das größte Verlangen empfand von den Rapunzeln zu essen.

Rapunzel-4 👂 📔 🎴

Das Verlangen nahm jeden Tag zu und da sie wusste, dass sie keine davon bekommen konnte, so fiel sie ganz ab, sah blass und elend aus. Da erschrack der Mann und fragte „Was fehlt dir, liebe Frau?“

Rapunzel-5 👂 📔 🎴

„Ach,“ antwortete sie, „wenn ich keine Rapunzeln aus dem Garten hinter unserm Hause zu essen kriege, so sterbe ich.“ Der Mann, der sie lieb hatte, dachte „Eh du deine Frau sterben lässt, holst du ihr von den Rapunzeln, es mag kosten was es wolle.“

Rapunzel-6 👂 📔 🎴

In der Abenddämmerung stieg er also über die Mauer in den Garten der Zauberin, stach in aller Eile eine Hand voll Rapunzeln und brachte sie seiner Frau. Sie machte sich sogleich Salat daraus und aß sie in voller Begierde auf.

Rapunzel-7 👂 📔 🎴

Sie hatten ihr aber so gut, so gut geschmeckt, dass sie den andern Tag noch dreimal so viel Lust bekam. Sollte sie Ruhe haben, so musste der Mann noch einmal in den Garten steigen.

Rapunzel-8 👂 📔 🎴

Er machte sich also in der Abenddämmerung wieder hinab, als er aber die Mauer herabgeklettert war, erschrack er gewaltig, denn er sah die Zauberin vor sich stehen.

Rapunzel-9 👂 📔 🎴

„Wie kannst du es wagen,“ sprach sie mit zornigem Blick, „in meinen Garten zu steigen und wie ein Dieb mir meine Rapunzeln zu stehlen? Das soll dir schlecht bekommen.“

Rapunzel-10 👂 📔 🎴

„Ach,“ antwortete er, „lasst Gnade für Recht ergehen, ich habe mich nur aus Not dazu entschlossen. Meine Frau hat eure Rapunzeln aus dem Fenster erblickt und empfindet ein so großes Gelüsten, dass sie sterben würde, wenn sie nicht davon zu essen bekäme.“

Rapunzel-11 👂 📔 🎴

Da ließ die Zauberin in ihrem Zorne nach und sprach zu ihm „Verhält es sich so, wie du sagst, so will ich dir gestatten Rapunzeln mitzunehmen so viel du willst, allein ich mache eine Bedingung: du musst mir das Kind geben, das deine Frau zur Welt bringen wird. Es soll ihm gut gehen und ich will für es sorgen wie eine Mutter.“

Rapunzel-12 👂 📔 🎴

Der Mann sagte in der Angst alles zu und als die Frau in Wochen kam, so erschien sogleich die Zauberin, gab dem Kinde den Namen Rapunzel und nahm es mit sich fort.

Rapunzel-13 👂 📔 🎴

Rapunzel ward das schönste Kind unter der Sonne. Als es zwölf Jahre alt war, schloss es die Zauberin in einen Turm, der in einem Walde lag und weder Treppe noch Türe hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen.

Rapunzel-14 👂 📔 🎴

Wenn die Zauberin hineinwollte, so stellte sie sich unten hin und rief „Rapunzel, Rapunzel, lass mir dein Haar herunter.“ Rapunzel hatte lange prächtige Haare, fein wie gesponnen Gold.

Rapunzel-15 👂 📔 🎴

Wenn sie nun die Stimme der Zauberin vernahm, so band sie ihre Zöpfe los, wickelte sie oben um einen Fensterhaken und dann fielen die Haare zwanzig Ellen tief herunter und die Zauberin stieg daran hinauf.

Rapunzel-16 👂 📔 🎴

Nach ein paar Jahren trug es sich zu, dass der Sohn des Königs durch den Wald ritt und an dem Turm vorüberkam. Da hörte er einen Gesang, der war so lieblich, dass er still hielt und horchte.

Rapunzel-17 👂 📔 🎴

Das war Rapunzel, die in ihrer Einsamkeit sich die Zeit damit vertrieb, ihre süße Stimme erschallen zu lassen. Der Königssohn wollte zu ihr hinaufsteigen und suchte nach einer Türe des Turms, aber es war keine zu finden.

Rapunzel-18 👂 📔 🎴

Er ritt heim, doch der Gesang hatte ihm so sehr das Herz gerührt, dass er jeden Tag hinaus in den Wald ging und zuhörte. Als er einmal so hinter einem Baum stand, sah er, dass eine Zauberin herankam und hörte, wie sie hinaufrief „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.“

Rapunzel-19 👂 📔 🎴

Da ließ Rapunzel die Haarflechten herab und die Zauberin stieg zu ihr hinauf. „Ist das die Leiter, auf welcher man hinaufkommt, so will ich auch einmal mein Glück versuchen.“

Rapunzel-20 👂 📔 🎴

Und den folgenden Tag, als es anfing dunkel zu werden, ging er zu dem Turme und rief „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter.“ Alsbald fielen die Haare herab und der Königssohn stieg hinauf.

Rapunzel-21 👂 📔 🎴

Anfangs erschrack Rapunzel gewaltig als ein Mann zu ihr hereinkam, wie ihre Augen noch nie einen erblickt hatten, doch der Königssohn fing an ganz freundlich mit ihr zu reden und erzählte ihr, dass von ihrem Gesang sein Herz so sehr sei bewegt worden, dass es ihm keine Ruhe gelassen und er sie selbst habe sehen müssen.

Rapunzel-22 👂 📔 🎴

Da verlor Rapunzel ihre Angst und als er sie fragte, ob sie ihn zum Manne nehmen wollte und sie sah, dass er jung und schön war, so dachte sie „Der wird mich lieber haben als die alte Frau Gothel,“ und sagte ja und legte ihre Hand in seine Hand.

Rapunzel-23 👂 📔 🎴

Sie sprach „Ich will gerne mit dir gehen, aber ich weiß nicht, wie ich herabkommen kann. Wenn du kommst, so bring jedes Mal einen Strang Seide mit, daraus will ich eine Leiter flechten und wenn die fertig ist, so steige ich herunter und du nimmst mich auf dein Pferd.“

Rapunzel-24 👂 📔 🎴

Sie verabredeten, dass er bis dahin alle Abende zu ihr kommen sollte, denn bei Tag kam die Alte. Die Zauberin merkte auch nichts davon, bis einmal Rapunzel anfing und zu ihr sagte „ Sag mir doch, Frau Gothel, wie kommt es nur, du bist mir viel schwerer heraufzuziehen, als der junge Königssohn, der ist in einem Augenblick bei mir.“

Rapunzel-25 👂 📔 🎴

„Ach du gottloses Kind,“ rief die Zauberin, „was muss ich von dir hören, ich dachte, ich hätte dich von aller Welt geschieden und du hast mich doch betrogen!“ In ihrem Zorne packte sie die schönen Haare der Rapunzel, schlug sie ein paarmal um ihre linke Hand, griff eine Schere mit der rechten und ritsch, ratsch, waren sie abgeschnitten und die schönen Flechten lagen auf der Erde.

Rapunzel-26 👂 📔 🎴

Und sie war so unbarmherzig, dass sie die arme Rapunzel in eine Wüstenei brachte, wo sie in großem Jammer und Elend leben musste.

Rapunzel-27 👂 📔 🎴

Denselben Tag aber, wo sie Rapunzel verstoßen hatte, machte abends die Zauberin die abgeschnittenen Flechten oben am Fensterhaken fest und als der Königssohn kam und rief „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter,“ so ließ sie die Haare hinab.

Rapunzel-28 👂 📔 🎴

Der Königssohn stieg hinauf, aber er fand oben nicht seine liebste Rapunzel, sondern die Zauberin, die ihn mit bösen und giftigen Blicken ansah.

Rapunzel-29 👂 📔 🎴

„Aha,“ rief sie höhnisch, „du willst die Frau Liebste holen, aber der schöne Vogel sitzt nicht mehr im Nest und singt nicht mehr, die Katze hat ihn geholt und wird dir auch noch die Augen auskratzen. Für dich ist Rapunzel verloren, du wirst sie nie wieder erblicken.“

Rapunzel-30 👂 📔 🎴

Der Königssohn geriet außer sich vor Schmerz und in der Verzweiflung sprang er den Turm herab. Das Leben brachte er davon, aber die Dornen, in die er fiel, zerstachen ihm die Augen.

Rapunzel-31 👂 📔 🎴

Da irrte er blind im Walde umher, aß nichts als Wurzeln und Beeren und tat nichts als jammern und weinen über den Verlust seiner liebsten Frau.

Rapunzel-32 👂 📔 🎴

So wanderte er einige Jahre im Elend umher und geriet endlich in die Wüstenei, wo Rapunzel mit den Zwillingen, die sie geboren hatte, einem Knaben und Mädchen, kümmerlich lebte.

Rapunzel-33 👂 📔 🎴

Er vernahm eine Stimme und sie kam ihm so bekannt vor. Da ging er darauf zu und wie er herankam, erkannte ihn Rapunzel und fiel ihm um den Hals und weinte.

Rapunzel-34 👂 📔 🎴

Zwei von ihren Tränen aber benetzten seine Augen, da wurden sie wieder klar und er konnte damit sehen wie sonst. Er führte sie in sein Reich, wo er mit Freude empfangen ward und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt.

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Tischchen deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack 👂 📔 🎴

Tischchen deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack

Curriculum/deutsche Sprache/Texte/schöne Texte/Märchen/Frau Holle 👂 📔 🎴

Frau Holle'

Frau Holle-1 👂 📔 🎴

Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine fleißig, die andere faul. Sie hatte aber die faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber und die andere musste alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein.

Frau Holle-2 👂 📔 🎴

Das arme Mädchen musste sich täglich auf die große Straße bei einem Brunnen setzen und musste so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, dass die Spule einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen.         

Frau Holle-3 👂 📔 🎴

Sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es aber so heftig und war so unbarmherzig, dass sie sprach: „Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.“

Frau Holle-4 👂 📔 🎴

Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wusste nicht was es anfangen sollte und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung und als es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese wo die Sonne schien und viel tausend Blumen standen.

Frau Holle-5 👂 📔 🎴

Auf dieser Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der war voller Brot. Das Brot aber rief: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.“

Frau Holle-6 👂 📔 🎴

Da trat es herzu und holte mit dem Brotschieber alles nacheinander heraus. Danach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Äpfel und rief ihm zu: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“

Frau Holle-7 👂 📔 🎴

Da schüttelte es den Baum, dass die Äpfel fielen als regneten sie und schüttelte bis keiner mehr oben war und als es alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging es wieder weiter.

Frau Holle-8 👂 📔 🎴

Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau. Weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Was fürchtest du dich, liebes Kind? Bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dirs gut gehn.

Frau Holle-9 👂 📔 🎴

Du musst nur Acht geben, dass du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, dass die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt. Ich bin die Frau Holle.“

Frau Holle-10 👂 📔 🎴

Weil die Alte ihm so gut zusprach, so fasste sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dass die Federn wie Schneeflocken umherflogen.

Frau Holle-11 👂 📔 🎴

Dafür hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und wusste anfangs selbst nicht was ihm fehlte, endlich merkte es, dass es Heimweh war.

Frau Holle-12 👂 📔 🎴

Ob es ihm hier gleich viel tausendmal besser ging als Zuhaus, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr: „Ich habe den Jammer nach Haus bekommen und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muss wieder hinauf zu den Meinigen.“

Frau Holle-13 👂 📔 🎴

Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du wieder nach Haus verlangst und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“ Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor.

Frau Holle-14 👂 📔 🎴

Das Tor ward geöffnet und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen und alles Gold blieb an ihm hängen, sodass es über und über davon bedeckt war.

Frau Holle-15 👂 📔 🎴

„Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist“, sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus

Frau Holle-16 👂 📔 🎴

und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief: „Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.“ Da ging es hinein zu seiner Mutter und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen.

Frau Holle-17 👂 📔 🎴

Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war und als die Mutter hörte, wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen.

Frau Holle-18 👂 📔 🎴

Sie musste sich an den Brunnen setzen und spinnen und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stieß sich die Hand in die Dornenhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein.

Frau Holle-19 👂 📔 🎴

Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.“

Frau Holle-20 👂 📔 🎴

Die Faule aber antwortete: „Da hätt ich Lust mich schmutzig zu machen,“ und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“

Frau Holle-21 👂 📔 🎴

Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen,“ und ging damit weiter.

Frau Holle-22 👂 📔 🎴

Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tag tat sie sich Gewalt an, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde.

Frau Holle-23 👂 📔 🎴

Am zweiten Tag aber fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen.

Frau Holle-24 👂 📔 🎴

Sie machte auch der Frau Holle das Bett nicht wie sichs gebührte und schüttelte es nicht, dass die Federn aufflogen. Das ward die Frau Holle bald müde und sagte ihr den Dienst auf.

Frau Holle-25 👂 📔 🎴

Die Faule war wohl zufrieden und meinte nun würde der Goldregen kommen. Die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunter stand, ward statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet.

Frau Holle-26 👂 📔 🎴

„Das ist zur Belohnung deiner Dienste“, sagte die Frau Holle und schloss das Tor zu. Da kam die Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief: „Kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.“

Frau Holle-27 👂 📔 🎴

Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und wollte, so lange sie lebte, nicht abgehen.